Liebe Leser,
mit großer Freude darf ich euch meinen guten Freund Thomas Steinhauser vorstellen. Thomas ist für mich ein wahrer Weltbürger und eine meiner ersten Anlaufstellen, um eine neue Investment-Idee durch zu denken.
Er hat mehr als 80 Länder bereist – wohlgemerkt nicht die herkömmlichen Tourismus-Destinationen, sondern wahre Exoten (!)
Vor ein paar Jahren reiste er z.B. mit einer Gruppe aus Peking nach Nordkorea (!)
Im folgendem Artikel wird er uns ein Crisis Investment vorstellen: Crisis Investing ist eine seit Jahrhunderten erprobte Strategie, mit immensen Chancen aber auch Risiken.
Wie bereits Baron Rothschild zu sagen pflegte:
“Buy when there’s blood in the streets” – Baron Rothschild
Investieren im Libanon (!)
Neben Venezuela und Zimbabwe gibt es derzeit wohl kaum ein Land, das in größeren wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt als der Libanon.
Neben dem Staatsbankrott , der Regierungskrise, ethnischen Spannungen, einer Währungskrise , 1 Mio. syrischer Flüchtlingen im Land und vielen weiteren “Baustellen”, nicht zuletzt des Umstandes dass man mit der Hisbollah (islamistisch–schiitische Partei) einen Staat im Staate hat der alle paar Jahre einen Krieg mit Israel anzettelt, kam nun auch noch die schwere Explosion hinzu.
Das Interessante ist, dass dies die Aufmerksamkeit (und vor allem das Geld) der internationalen Staatengemeinschaft auf den Libanon lenkt. Teilweise wurden Hilfszusagen auch an Reformauflagen (insbesondere Korruptionsbekämpfung) geknüpft. Dies könnte sich als möglicher positiver Katalysator entpuppen.
Wie kann man im Libanon investieren?
Es gibt eine börsennotierte Bank: “Bank Audi” (WKN: A1107B), die auch im deutschen Freiverkehr handelbar ist. Die Bank existiert seit 1830 und hat bereits so einige Krisen und Kriege überstanden. Der Kurs ist in den letzten zwei Jahren von 6€ auf nun etwa 30 Cent abgebröckelt.

Noch vor zwei Jahren war die Bank mehrere Milliarden wert und verdiente bei Einnahmen von etwa 1,5 Mrd. $ etwa 500 Mio. $ netto im Jahr. Angesichts des Umstandes das sich der Libanon schon seit Jahren im Dauerkrisenmodus befindet, ist es ein gutes Zeichen, dass die Bank trotz jahrelanger Krise profitabel wirtschaften konnte.
Die letzten Jahre (inklusive 2019) wurden immer zwischen 40 und 54 Cent als Dividenden ausgeschüttet…aktuell notiert das Papier zu weniger als 30 Cent (!)

Wie tief steckt die Bank Audi im Schlamassel, wo liegen die Probleme?
Zunächst mal wurde der Jahresbericht 2019 sowie der Halbjahresbericht 2020 nicht von den Prüfern akzeptiert. Hauptknackpunkt ist, dass Verbindlichkeiten und Forderungen in libanesischen Pfund zum offiziellen Wechselkurs von 1$:1500 libanesische Pfund umgerechnet wurden. Am Schwarzmarkt dagegen werden Stand heute um die 8000 Lib. Pfund für einen $ bezahlt.
Würde man statt dem offiziellen Wechselkurs, den Schwarzmarkt-Wechselkurs heranziehen, würde dies deutliche Spuren in der Bilanz hinterlassen. Eine komplette Auslöschung des Eigenkapitals (und darüber hinaus) ist de facto möglich.
Aufgrund der Währungs- und Bilanzkrise haben auch internationale Ratingagenturen ihre Bewertungen für Audi eingestellt, was den Interbankenhandel erschwert bis unmöglich macht.
Außerdem hielt die Bank Anleihen des bankrotten Staates Libanon: Als Folge dessen, musste man im abgelaufenen Geschäftsjahr eine außerplanmäßige Abschreibung von etwa 1 Mrd $ durchführen – was sich entsprechend negativ auf das Eigenkapital der Bank auswirkte.
Am Schlimmsten ist jedoch, der totale Zusammenbruch der libanesischen Wirtschaft.
Warum also investieren?
“I find that the most money in investing comes from when a situation goes from hopelessly fucked to sort of shitty.” – Harris Kupperman, US-Hedgefonds Manager
Zunächst mal ist nach einem Kursrückgang von 95% schon die ein und andere schlechte Nachrichten eingepreist (asymmetrisches Chancen-/Risiko-Profil).
Die Bank ist nur noch mit etwa 100 Mio $ bewertet. Dem gegenüber steht ein ausgewiesenes Eigenkapital von 3 Mrd $.
Hinzu kommt, dass das klassische Bankgeschäft, nämlich das Verdienen an Zinsmargen im Nahen Osten (im Gegensatz zur Euro Zone), noch funktioniert.
Die Kostenquote ist ebenfalls deutlich unter den Niveaus der Euro Banken. Die Kostenquote gibt Auskunft darüber wie Effizient eine Bank ist. Umso niedriger die Kostenquote, desto effizienter ist das Kreditinstitut.
Was bei der Bank Audi besonders interessant ist: 40% des Geschäfts der Bank kommen von außerhalb des Libanons. Es gibt Tochterunternehmen in den Golfstaaten, in Jordanien, in der Schweiz, Ägypten und der Türkei.
Alleine der Wert der ägyptischen Tochter (welche von der Libanon-Krise nahezu komplett losgelöst ist) wird auf 700 Mio. $ geschätzt (etwa die 7-fache Marktkapitalisierung!). Als Gespräche über den Verkauf der Sparte (Januar 2020) an eine Bank in Abu Dhabi bekannt wurden, stieg der Kurs der Bank Audi um beinahe 100%.
Als der Verkauf im Mai (für mehr Informationen klicken Sie hier) scheiterte, stürzte der Aktienkurs auf 30 Cent ab.

Dies zeigt aber auch das erhebliches Potential falls es gelingen sollte die ägyptische Tochter (oder eine andere Tochter) doch noch zu verkaufen.
Für die Zukunft der Bank Audi bestehen im Wesentlichen 3 Möglichkeiten:
Variante A: Die isländische Lösung: In Island gingen 2008 alle Banken pleite und verschwanden vom Kurszettel. Überflüssig zu erwähnen, dass es sich hier um die schlechteste Variante handelt, welche einen Totalverlust zur Folge hätte.
Variante B: Die Griechenland/Zypern Lösung: Durch fortdauernde Kapitalerhöhungen zu Niedrigstkursen können die Banken die EK-Anforderungen erfüllen. Die Bank existiert weiter, Altaktionäre verlieren jedoch den Großteil ihres investierten Geldes.
Variante C: Die Argentinien Lösung: (In Nigeria, Georgien und vielen südostasiatischen Ländern lief es nach Finanzkrisen ähnlich). Die Banken erholen sich aus eigener Kraft und Verzehnfachen sich trotz katastrophalem wirtschaftlichem Umfeld in 1-2 Jahren.
Was spricht für Variante C?
Die Bank Audi hat (a) eine gute Kostenstruktur, (b) werthaltige Tochterunternehmen, welche von der Krise im Libanon nicht betroffen sind und (b) gibt es im Libanon, wie auch in anderen Frontier Markets, eine hohe Inflation. Dadurch werden faule Kredite entwertet und die Bank kann hohe Zinsmargen verdienen – dieser Weg war den Euro Banken in den letzten Jahren leider versperrt…
Ich (Thomas Steinhauser) habe eine erste Miniposition an Audi Aktien aufgebaut und schließe nicht aus weiter nachzukaufen.