IMO 2020: Aktienanalyse Scorpio Tankers

IMO 2020: Aktienanalyse Scorpio Tankers

Überblick: 50% Cash Flow Rendite in der Schifffahrtsindustrie?

Das neue Umweltgesetz IMO 2020 wird nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Produktentankersegment zu Gute kommen. Von dieser Entwicklung kann die börsennotierte Reederei Scorpio Tankers (STNG) disproportional profitieren.

  • IMO 2020: Die neue Umweltregulierung IMO 2020 steht vor der Tür und wird die bereits aufklaffende Angebots & Nachfrage Lücke weiter intensivieren. Das Management rechnet für 2020 mit einer Cash Flow Rendite von mehr als 50% – wobei davon ein nettes Sümmchen als Dividende ausgeschüttet werden soll.
  • Größte und modernste Flotte: Scorpio Tankers betreibt, mit mehr als 120 Schiffen zu einem Durchschnittsalter von 3,7 Jahren, die größte und modernste Flotte im Produktentankersegment. Dadurch kann man Betriebskosten einsparen und Synergien erzeugen.
  • Follow the Smart Money: In den letzten Monaten wurden gleich mehrere Insider-Käufe gemeldet -was stets ein gutes Zeichen ist, denn diese wissen meist mehr, als der herkömmliche Aktionär.
  • Shipping Super Cycle: Aktuell deutet so einiges darauf hin, dass ein neuer Shipping Super Cycle vor der Tür steht. Falls sich dies bewahrheiten sollte, dann wird die Industrie erneut zur Gelddruckmaschine: Wo Schiffe in einer Woche das verdienten, wofür sie sonst ein Jahr benötigten. Wo aus Millionen Milliarden wurden und wo sich Aktienkurse verzehnfachten.

 

Die Aktien- und Branchenanalyse ist wie folgt strukturiert:

  • Überblick
  • Geschäftsmodell
  • IMO 2020
  • Angebot & Nachfrage
  • Bewertung
  • Chancen und Risiken
  • Schlussfazit

Schifffahrt und IMO 2020

Das Unternehmen Scorpio Tankers ist in der maritimen Schifffahrtsbranche tätig. Obwohl die Schifffahrtsbranche für mehr als 90% des weltweiten Güter- und Rohstoffverkehrs verantwortlich ist, findet sie in der Öffentlichkeit und in Aktionärskreisen kaum Beachtung. Sie ist eben nicht so „sexy“ wie das neueste Biotechunternehmen oder Internet Start-up.
Nichts destotrotz hat die Schifffahrtsbranche extremes Potential und kann dem Aktionär enorme Gewinne aber auch Verluste einbringen. Die Schifffahrtsbranche ist eine der geheimnisumwobensten Branchen weltweit, welche regelmäßig sogenannte „Larger than Life Figures“ zu Tage fördert. Von Aristoteles Onassis bis John Fredriksen. Eines haben diese „Larger than Life Figures“ gemeinsam: Unermesslicher Reichtum.

Obwohl diese „Larger than Life Figures“ riesige Flotten kontrollieren, haben sie keine dominierende Marktstellung, denn die Schifffahrtsbranche ist diversifiziert wie kaum eine andere Branche. Es gibt keine Major Players, welche einen beträchtlichen Marktanteil für sich beanspruchen können. Ein Großteil der Flotte befindet sich im Besitz von privaten Familienunternehmen, welche über die ganze Welt verstreut sind. Dieser Mangel an Big Playern, sorgt immer wieder für exzessive Auf- und Abschwünge.
Die Schifffahrtsbranche wird von Angebot & Nachfrage beherrscht. Eine kleine Dysbalance zwischen diesen beiden Kräften, kann für immense Gewinne wie auch Verluste sorgen. Aktuell steuern wir auf solch ein Ungleichgewicht zu.

„Buy low, sell high”

Nehmen wir nun wieder Bezug auf auf das eigentliche Thema dieser Analyse:

Neues Umweltgesetz der IMO

Die monegassische Reederei betreibt eine Flotte von mehr als 120 Produktentankern, womit sie zu einem der größten börsennotierten Schifffahrtspapieren zählt. Das Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, dass es die größte und neuwertigste Flotte im Produktentankersegment hat. Der Vorteil von neuen Schiffen ist der deutlich niedrigere Treibstoffverbrauch. Dies macht in einer Industrie, wo beinahe 40% aller Kosten auf den Treibstoffverbrauch zurückzuführen sind, einen signifikanten Unterschied.

Durch diesen Wettbewerbsvorteil kann das Unternehmen exponentiell von der neuen Regulierung der IMO (Internationale Seeschifffahrts-Organisation) profitieren, welche im Jahr 2020 in Kraft treten wird. Die IMO hat nämlich beschlossen, dass ab 2020 nur mehr Treibstoff, mit weniger als 0,5% Sulfur, verbrannt werden darf. Bis dato dürfen Schiffe noch Treibstoff mit bis zu 3,5% Sulfur verbrennen, sogenanntes Schweröl.

IMO 2020 wird nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Produkttankersegment, zu Gute kommen. Denn während Schweröl mit herkömmlichen Rohöltankern transportiert werden muss, wird der neue Treibstoff mit Produktentankern transportiert werden. Diese Verschiebung des Transports wird die Charterraten für Produktentanker signifikant in die Höhe schnellen lassen – Bärenmarkt hin oder her.

Rohöltanker vs. Produktentanker:

Produktentanker stehen in der Lieferkette an vierter Stelle. Sie laden das raffinierte Produkt bei einer Raffinerie und bringen es zu den Verteilungszentren.
Produktentanker verteilen die raffinierten Produkte (Quelle: Scorpio Tankers)

Rohöltanker transportieren das Rohöl von der Produktionsstätte (Ölvorkommen) zu der Raffinerie – dort wird das Rohöl schließlich weiterverarbeitet. Anschließend werden die veredelten Produkte mit Hilfe von Produktentankern an den Endverbraucher geliefert.

Produktentanker transportieren primär Clean Products, während Rohöltanker Dirty Products transportieren – Clean Products sind Produkte, welche eine chemische Reaktion mit anderen Produkten eingehen, wohingegen Dirty Products diese negative Eigenschaft nicht aufweisen.

Zu den Dirty Products zählen:

  • Rohöl
  • Kreislauföl
  • Schweröl (der aktuelle Treibstoff von Schiffen)

Zu den Clean Products zählen:

  • Kerosin
  • Diesel
  • Benzin
  • Naphtha
Man unterscheidet zwischen Dirty und Clean Products
Differenzierung zwischen “Dirty” – und “Clean” Produkten (Quelle: Scorpio Tankers)

Die Nachfrage nach Produktentankern ist seit der Jahrtausendwende konstant gestiegen. Das jährliche Wachstum der letzten zwei Jahrzehnte, belief sich auf 3,8%. Zurückzuführen ist dies, auf zwei anhaltende Trends:

  • Aufstieg Asiens
  • Raffinerien werden nicht mehr dort errichtet wo der Kunde ist, sondern dort wo das Öl ist. Dieser Trend hat dazu beigetragen, dass mehr und mehr raffinierte Produkte von den Erzeugerländern in die Verbraucherländer transportiert werden müssen.

    Seit der Jahrtausendwende ist die Nachfrage nach Produktentanker durchschnittlich um 3,8% gewachsen. Im Jahr 2020 ist aufgrund IMO 2020 mit einem deutlich größerem Nachfragewachstum zu rechnen.
    Nachfrageentwicklung im Segment der Produktentanker (Quelle: Scorpio Tankers)

Wie das Umweltgesetz IMO 2020 die Nachfrage nach Produktentanker beeinflusst:

Das neue Umweltgesetz IMO 2020 kann dem Produktentankersegment einen noch nie in solch einem Ausmaße dagewesenen Boom verleihen. Die IMO (Internationale Seeschifffahrts-Organisation) hat beschlossen, dass ab 2020 nur mehr Treibstoff, mit weniger als 0,5% Sulfur, verbrannt werden darf. Bis dato dürfen Schiffe noch Treibstoff mit bis zu 3,5% Sulfur verbrennen, sogenanntes Schweröl.

Fazit: Der neue Schiffstreibstoff mit weniger als 0,5% zählt zu den Clean Products. Während der aktuelle Treibstoff Schweröl, zu den Dirty Products zählt. Die Konsequenz: Die Nachfrage nach Schiffen, welche Clean Products transportieren (Produktentanker) wird signifikant steigen. Man rechnet mit einem Nachfrageanstieg von bis zu 8%.

Geschäftsmodell Scorpio Tankers:

Die monegassische Reederei betreibt eine Flotte von mehr als 120 Produktentankern, womit sie zu einem der größten börsennotierten Schifffahrtspapieren zählt.

Das Unternehmen gehört zu der sogenannten Scorpio Group, welche sich in den letzten Jahren unter der Führung von Emanuele Loro und Robert Bugbee zu einem der führenden Player im Trockengut- und Produktentankersegment entwickelt.
Emanuel Loro, der Enkel von Glauco Lolli-Ghetti war ein großer Reeder in der Nachkriegszeit, wobei Robert Bugbee auch kein unbekannter in der Schifffahrtsbranche ist. Er ist für sein unglaubliches Timing bekannt und keinesfalls nicht davor zurückschreckt, ein Unternehmen auch mal zu verkaufen. Sowohl Robert Bugbee, als auch Emanuel Loro sind mit zweistelligen Millionenbeträgen in Scorpio Tankers und Scorpio Bulkers investiert. Scorpio Bulkers ist das Dry Bulk Unternehmen der Scorpio Group, welches ebenfalls an der New York Stock Exchange gelistet ist. Scorpio Bulkers ist mit 10,5% der größte Aktionär von Scorpio Tankers.

Insider Käufe:

Robert Bugbee hat im ersten Halbjahr des Jahres 2019 weitere Aktien akquiriert. Jedoch keine Scorpio Tankers Aktien, sondern hingegen Scorpio Bulkers Aktien – und das obwohl der Markt für Produktentanker von IMO 2020 deutlich mehr profitieren kann. Der Grund für diese Entscheidung beruht darauf, dass er mit diesem Kauf indirekt Scorpio Tankers gekauft hat, denn Scorpio Bulkers hält 10% von Scorpio Tankers. Nach einer ausführlichen Analyse im Stile Sherlock Holmes wurde klar, Scorpio Bulkers wird seine 10%ige Beteiligung, als Sonderdividende an die Aktionäre ausschütten.

Am 26. September 2019 war es dann so weit, Robert Bugbee holte das Elefantengewehr heraus und kaufte auch Scorpio Tankers Aktien im Wert von 4,2 Mio. USD. Somit hat er einmal direkt und und einmal indirekt nachgekauft.

Wettbewerbsvorteil des Unternehmens

Wie schon bereits erwähnt, besitzt die Reederei die größte und modernste Flotte im Produktentankersegment.
Mit mehr als 120 Eco-Schiffen zu einem Durchschnittsalter von 3,7 Jahren sind sie die unangefochtene Nummer Eins im weltweiten Produktentankersegment. Schiffe mit einem Eco-Design haben einen deutlich niedrigeren Treibstoffverbrauch, als Schiffe mit einem Standarddesign. Dies ist in einer Branche, wo 30-40% aller Betriebskosten auf Treibstoff entfallen, ein signifikanter Wettbewerbsvorteil. Ein weiterer Vorteil von neuen Schiffen, sind die deutlich geringeren Wartungskosten.
Wie man an der folgenden Grafik erkennen kann, hat die Konkurrenz eine deutlich ältere Flotte. Dies mag in einer Zeit von niedrigen Treibstoffpreisen kein signifikantes Problem darstellen, bei steigenden Treibstoffpreisen kann es einen jedoch in den Ruin treiben.

Scorpio Tankers hat die größte und modernste Flotte. Dadurch kann das Unternehmen exponentiell von IMO 2020 profitieren.
Scorpios Flotte im Vergleich zur Peer Group (Quelle: Scorpio Tankers)

Bei steigenden Treibstoffpreisen nimmt die Unwirtschaftlichkeit von alten Schiffen zu. Dies kann sich in Bezug auf IMO 2020 als Katalysator entpuppen, welcher alte Tonnage vom Markt verschwinden lässt.

Ein weiterer Vorteil der monegassischen Reederei ist die Tatsache, dass das Unternehmen seine gesamte Flotte zu historisch günstigen Preisen erwerben konnte. Dies trägt dazu bei, dass Scorpio die niedrigsten Betriebskosten in der Branche aufweist. Was sich besonders in schlechten Marktphasen als Vorteil entpuppt.

Verschiedene Schiffstypen

Das Unternehmen ist in allen vier Segmenten des Produktentankersegmentes vertreten:

HM (Handymax) Tanker

Handymax Tanker sind die kleinsten und am vielseitig einsetzbarsten Tanker. Sie werden ausschließlich für den Transport von raffinierten Produkten über relativ kurze Distanzen eingesetzt.

MR (Medium Range) Tanker

MR Tanker sind größer als Handymax Tanker und werden ebenfalls ausschließlich für den Transport von raffinierten Produkten eingesetzt. Ihr Verwendungsgebiet erstreckt sich von kurzen bis zu mittleren Strecken. Hierbei ist es essentiell, dass man kurze bis mittlere Strecken in Relation setzen muss. Eine typische Route von Handymax – und Medium Range Tankern ist Europa – USA (Ostküste).

LR1 (Long Range 1) und LR2 (Long Range 2) Tanker

Long Range Tanker sind größer als HM und MR Tanker und werden bei langen Routen eingesetzt. Sie sind die größten Produktentanker. Long Range Tanker werden sowohl für den Clean -, als auch Dirty Products Trade eingesetzt. Der Großteil aller Long Range Tanker transportiert Clean Products. Ein Produktentanker welcher Clean Products transportiert kann auch Dirty Products transportieren. Jedoch darf er anschließend keine Clean Products mehr transportieren, denn die Ölreste im Tank würden das raffinierte Produkt (Clean Product) verunreinigen. Er darf erst dann wieder Clean Products transportieren, wenn der Laderaum (Tanks) gereinigt wurde. Die Reinigung erfolgt über sogenanntes „Intermediate Cargo“. Der Long Range Tanker muss für mindestens drei Routen Intermediate Cargo, wie Dieselöl, laden. Mit Hilfe des Dieselöls wird der Laderaum und das Pipelinenetz von Ölresten befreit. Anschließend kann der Long Range Tanker wieder Clean Products (Benzin…) laden.

Bei einem herkömmlicher Rohöltanker, welcher Dirty Products transportiert, ist es nahezu unmöglich auf Clean Products umzusteigen, da Rohöltanker keinen beschichteten Laderaum aufweisen. Ein beschichteter Laderaum ist eine Notwendigkeit um im Clean Products Market Fuß zu fassen, denn die Beschichtung verhindert eine chemische Reaktion (Korrosion) zwischen Produkt und Laderaum.

Fazit: Ein Long Range Tanker kann ohne weiteres zwischen Clean- und Dirty Products wechseln – was jedoch Zusatzkosten verursacht. Der Wechsel von Clean- auf Dirty Products verläuft deutlich schneller, als umgekehrt.

Voyage- und Time Charter Strategien

Das Unternehmen vermietet seine Schiffe unter Voyage – und Time Charter Verträgen.

Voyage Charter

Das Schiff wird nur für eine Reise, von A nach B, gebucht. Der Schiffseigentümer kommt sowohl für die Betriebs- als auch Transportkosten auf.

Time Charter

Das Schiff wird inklusive Crew, Versicherung und Verpflegung für einen gewissen Zeitraum an den jeweiligen Charterer vermietet. Die Mietkosten werden täglich abgerechnet und werden in der Branche als „Daily Charter Rates“ bezeichnet. Der Charterer muss schließlich nur mehr für die Transportkosten wie Treibstoff, Hafengebühren und Kanalgebühren aufkommen. Die Betriebskosten übernimmt weiterhin der Schiffseigentümer.

Wenn man einen Time Charter Vertrag abschließt, liegen die täglichen Charterraten über den aktuellen Spot Market Raten (Voyage Charter). Man kann dies mit einer langfristigen und einer kurzfristigen Anleihe vergleichen, stellt man sein Geld für längere Zeit zur Verfügung, dann bekommt man eine höhere Rendite, als, wenn man es kurzfristig zur Verfügung stellt. Man bietet dem Kunden eine bessere Planungssicherheit, da man sein Geld unter höherem Risiko länger zur Verfügung stellt und wird dafür mit einer höheren Rendite belohnt.

Eine Voyage Charter Strategie bietet in einem guten Marktumfeld ein größeres Aufwärtspotential als eine Time Charter Strategie. In einem schlechten Marktumfeld hat eine Voyage Charter Strategie aber auch ein größeres Verlustpotential. Im aktuellen Marktumfeld erscheint eine Voyage Charter Strategie, in Bezug auf IMO 2020 rentabler.

Begriffserklärung: IMO 2020

IMO 2020 ist eine neue Regulierung der „International Maritime Organisation“, welche ab ersten Jänner 2020 in Kraft tritt. Das Ziel dieser Regulierung ist es den Schadstoffausstoß der Schifffahrtsbranche signifikant zu reduzieren. Ab Jänner dürfen Schiffe nur mehr Treibstoff mit weniger als 0,5% Sulfur verbrennen. Bis dato darf man noch Treibstoff mit bis zu 3,5% Sulfur verbrennen, sogenanntes Schweröl.

Schweröl ist ein Abfallprodukt, welches bei der Erdölverarbeitung anfällt. Die Schifffahrtsbranche hat sich dies zu Nutzen gemacht und verbrennt nahezu ausschließlich Schweröl, da es der mit Abstand günstigste, aber auch schmutzigste Treibstoff ist. Der neue Treibstoff (Art von Diesel) mit weniger als 0,5%, ist kein reines Abfallprodukt mehr, sondern hat auch andere Einsatzgebiete. Dies sorgt dafür, dass der neue Treibstoff bereits heutzutage deutlich teurer ist, als Schweröl. Aktuell beträgt der Fuel Spread zwischen Schweröl (HSFO) und dem neuen Treibstoff (VLSFO 0,5% Straight Run) ca. 150 USD pro Tonne.

Preisunterschied zwischen dem neuen und dem alten Treibstoff
Preisunterschied Schiffstreibstoff (Quelle: Scorpio Tankers)

Es ist davon auszugehen, dass der Preis des neuen Treibstoffes bereits zu Jahresende ansteigen wird, da Schiffe vom billigen Schweröl auf den neuen Treibstoff umsteigen müssen. Dies erhöht die Nachfrage, was sich wiederum positiv auf den Preis auswirkt, da damit zu rechnen ist, dass die Raffineriekapazität nicht ausreichend ist.

Fazit: IMO 2020 wird die Nachfrage nach dem neuen Treibstoff in die Höhe schnellen lassen und das bei nicht ausreichenden Raffineriekapazitäten. Wie groß der Fuel Spread tatsächlich ausfallen wird bzw. wie er sich einpendeln wird ist noch unklar. Dies verursacht eine gewisse Unsicherheit – und Finanzmärkte hassen Unsicherheit.

Kann man IMO 2020 umgehen?

Mit Hilfe von Abgasreinigungsanlagen, sogenannten Scrubbers, kann man sich nicht nur gegenüber dem erwarteten Preisanstieg des Treibstoffes absichern, sondern sogar einen Profit daraus schlagen. Abgasreinigungsanlagen erlauben es trotz IMO 2020 weiterhin Schweröl zu verbrennen, denn sie filtern den überschüssigen Sulfurgehalt aus den Abgasen, d.h. wenn ein Schiff eine Abgasreinigungsanlage installiert, dann darf es weiterhin billiges Schweröl tanken.

Wenn man weiterhin Schweröl tanken darf, dann kann man vom Fuel Spread zwischen den beiden Treibstoffen profitieren. Umso größer der Spread, umso schneller rentiert sich die Abgasreinigungsanlage (abhängig vom Schiffstyp). Die Investitionskosten von Abgasreinigungsanlagen sind für viele Reedereien jedoch nicht stemmbar, da sich die Industrie seit mehr als 10 Jahren in einer Dauerkrise befindet. Pro Schiff würden sich die Installationskosten auf 1.5 – 5 Mio. USD Dollar belaufen (abhängig vom Schiffstyp).

Neben den Installationskosten muss man auch noch die Installationsdauer berücksichtigen: Um eine Abgasreinigungsanlage zu installieren muss das Schiff für zwei bis drei Wochen in eine Werft – was Umsatzeinbußen zur Folge hat.

Bei einer Flotte von 100 Schiffen belaufen sich die Installationskosten prompt auf hunderte von Mio. USD. Im Falle Scorpio Tankers belaufen sich die Installationskosten auf bis zu 200 Mio. USD.

Warum installiert nicht jeder Abgasreinigungsanlagen (Scrubber) und umgeht IMO 2020?

Folgende Faktoren haben wie Zahnräder ineinandergegriffen und dafür gesorgt, dass nur ein Bruchteil aller Schiffe Abgasreinigungsanalgen bis Jänner 2020 installiert hat:

  • Ungewissheit
  • Nicht genügend Kapital (bilanziell schwach aufgestellt)
  • Begrenzte Werftkapazitäten
  • Skaleneffekte

Ungewissheit

IMO 2020 ist nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern wurde bereits vor Jahren angekündigt. Die ersten Verhandlungen fanden schon 2008 statt und 2015 stand der Entschluss fest, dass IMO2020 wie geplant in Kraft treten wird. Aber wie es bei neuen Regulierungen üblich ist, hofft jeder, dass sie doch nicht in Kraft treten, oder zumindest abgeschwächt werden.

Die IMO – International Maritime Organisation beugte sich nicht dem Druck. Dies wirkte sich besonders negativ auf die abwartenden Reeder aus, denn plötzlich waren Abgasreinigungsanlagen deutlich teurer und die Werftkapazitäten bereits bis Mitte 2020 ausgebucht. Sie hatten den „First-Mover Advantage“ verpasst und werden ab 2020 mit ihrem Portmonee büßen.

Ein weiteres Problem, welches mit der Ungewissheit einhergeht, ist der Mangel an finanzierungswilligen Kreditinstituten. Banken wollen bilanziell schwach aufgestellten Reedern kein attraktives Finanzierungsmodell anbieten, denn sie wollen nicht nochmals Hals über Kopf in eine angebliche Trendwende investieren, welche sich dann als Fehlalarm herausstellen könnte, denn die schlechten Erfahrungen sitzen einfach zu tief.

Konsequenz: Kleine, nicht börsennotierte und bilanziell angeschlagene Reedereien können sich schlicht und einfach keine Abgasreinigungsanlagen leisten, auch wenn sie wollten. Auch wenn sie es sich plötzlich leisten könnten, dann ist es heute bereits zu spät. Wenn man heute (September 2019) eine Abgasreinigungsanlage anbringen möchte, dann muss man mindestens bis Ende 2020 abwarten, denn die Werften sind ausgebucht. Eine Abgasreinigungsanlage Ende 2020 geht mit einer noch höheren Ungewissheit einher, da davon auszugehen ist, dass der Fuel Spread (Treibstoffspanne) über die Jahre hinweg abnehmen wird.

Abschließend ist noch zu sagen, dass Abgasreinigungsanlagen nicht bei allen Schiffstypen rentabel sind. Kleine Schiffe sind dafür das Paradebeispiel, denn diese benötigen deutlich weniger Treibstoff, als große Schiffe. Dementsprechend fällt der Fuel Spread nicht so stark ins Gewicht.

Bei großen Schiffen ist eine Abgasreinigungsanlage deutlich schneller abbezahlt als bei kleinen Schiffen.

Nicht genügend Kapital

Wie bereits im vorigen Abschnitt erwähnt wurde, bekommen gewisse Reedereien keine attraktive Finanzierung. Diese Reedereien haben oft nicht genügend eigene Mittel um eine Scrubber-Installation zu stemmen, da die Branche in einer Vollkrise ist und das seit mehr als 10 Jahren.

Skaleneffekt

Die großen Reedereien können von sogenannten Skaleneffekten profitieren. Dies gilt auch für IMO 2020:

  • Attraktivere Finanzierungsmodelle
  • Bevorzugte Kunden von Werften
  • Rabatte bei der Scrubber-Installation

Dies trägt dazu bei, dass die Diskrepanz zwischen großen und kleinen Reedereien zunimmt.

Ersparnisse einer Abgasreinigungsanlage

Mit Abgasreinigungsanlagen/Scrubber kann man IMO 2020 umgehen und Treibstoffkosten einsparen
Einsparungen einer Abgasreinigungsanlage (Quelle: Scorpio Tankers)

Bei einem Fuel Spread von 200 USD pro Tonne kann die Reederei Kosteneinsparungen von 100 Mio. USD pro Jahr verzeichnen. Das Unternehmen rechnet jedoch nicht mit einem 200 USD, sondern mit einem 300 USD Spread. Bei einem 300 USD Spread würden sich die Kosteneinsparungen auf bis zu 150 Mio. USD pro Jahr belaufen.

Kritik an Abgasreinigungsanlagen

Umso näher wir der neuen Regulierung (IMO 2020) kommen, desto lauter wird auch die Kritik gegenüber Abgasreinigungsanlagen. Um die Kritik zu verstehen, muss man sich als erster mit den vier Arten von Abgasreinigungsanlagen auseinandersetzen:

  • Offene Nass-Scrubber (Open-loop)
  • Geschlossene Nass-Scrubber (Closed-loop)
  • Hybridsystem
  • Trocken-System

Die Aufgabe dieser vier Kategorien ist ident, nämlich, den überschüssigen Sulfur aus den Abgasen zu filtern. In Bezug auf ihre Umsetzung unterscheiden sich die Systeme jedoch erheblich.

Offene Nass-Scrubber (Open-loop)

Offene Nass-Scrubbers sind die billigste und meist verbreitetste Form von Abgasreinigungsanlagen. Dabei wird mit Hilfe von Meerwasser das überschüssige Sulfur aus den Abgasen herausgefiltert. Anschließend wird das Waschwasser gefiltert und zurück ins Meer gepumpt. Der Großteil der Kritik gilt den Open-loop Scrubbers, denn der überschüssige Sulfurgehalt wird einfach von der Luft in den Ozean transferiert.

Geschlossene Nass-Scrubber (Closed-loop)

Geschlossene Nass-Scrubbers sind teurer als Offene Nass-Scrubbers. Man kann Offene Nass-Scrubbers auch zu Geschlossene Nass-Scrubbers umrüsten. Bei einem geschlossene Nass-Scrubber wird das Waschwasser gefiltert und größtenteils wiederverwendet. Der Nachteil von einem Closed-loop Scrubber ist, dass man einen extra Tank benötigt, wo das Waschwasser aufbewahrt wird.

Hybridsystem

Dabei handelt es sich um eine Kombination aus offenen und geschlossenen Nass-Scrubber. Damit ist sichergestellt, dass das Schiff jeden Hafen anfahren kann, denn es gibt Häfen, welche Open-loop Scrubbers verbieten wollen. Das Hybridsystem verbindet das beste aus zwei Welten: In Häfen verwendet das Schiff einen geschlossenen Nass-Scrubber und auf hoher See einen offenes Nass-Scrubber. Somit kann das Schiff jeden Hafen anlaufen und auf hoher See Kosten sparen, denn ein offener Nass-Scrubber weist geringere Betriebskosten auf.

Trocken-System

Dabei wird kein Meerwasser als Medium verwendet, sondern ein spezielles Kalksteingranulat. Die Reinigungsleistung ist mit Meerwasser betriebenen Systemen gleichzusetzen. Jedoch hat das System einen signifikanten Nachteil: Die Versorgung und Entsorgung von Kalksteingranulat, kann nur in Häfen erfolgen und die dafür notwendige Infrastruktur ist nicht vorhanden.

Fazit: Eine Abgasreinigungsanlage ist keine langfristige Investition, vielmehr ist es eine Übergangslösung, mit kurzer Amortisationsdauer. Die kurze Amortisationsdauer reduziert auch das Risiko von strengeren Umweltgesetzten, welche Scrubber (Open-loop) verbieten könnten – denn neue Gesetze entstehen nicht über Nacht.

Die Schifffahrtsgesellschaft aus Monaco installiert Offene Nass-Scrubbers, da diese die geringste Amortisationsdauer aufweisen. Das Management rechnet mit einer Amortisationsdauer von weniger als zwei Jahre. Bis Jänner 2020 sollen mehr als 50% der gesamten Flotte mit Abgasreinigungsanlagen ausgestattet worden sein. Die restlichen Schiffe werden in den ersten zwei Quartalen 2020 mit Abgasreinigungsanlagen ausgestattet. Somit soll sich das Unternehmen mehr als 100 Mio. USD pro Jahr sparen.

Angebot & Nachfrage

Die Schifffahrtsbranche ist Angebot & Nachfrage in seiner reinsten Form und der letzte Ort wo man nach Stabilität suchen sollte. Eine kleine Disbalance zwischen diesen beiden Kräften kann signifikante Marktschwankungen verursachen.

Die Branche hat kein Nachfrageproblem, sondern ein Angebotsproblem – was auf folgende Gründe zurückzuführen ist:

  • Billiges Geld
  • Ein Überangebot an asiatischen Werften
  • Extrem diversifizierte Branche mit mehreren tausend Reedereien

Billiges Geld

Billiges Geld wirkt in der Schifffahrtsbranche wie eine Droge. Welche dazu führt, dass in Boom Zeiten zu viele Schiffe in Auftrag gegeben werden, welche dann wie eine Lawine über den Markt herrollen.

„Reeder sind wie Kinder, gibt man Ihnen zu viele Süßigkeiten bekommen Sie Bauchschmerzen“

In der Boom Periode, welche von 2006-2008 andauerte, wurden mehr als 800 Produktentanker in Auftrag gegeben. Seit 2000 beläuft sich der historische Median lediglich auf 133 Schiffen.

Historische Schiffsbestellungen Produktentanker
Neubauten der letzten Jahre (Quelle: Scorpio Tankers)

Ein weiteres Problem welches viele Reeder und Investoren zur damaligen Zeit nicht erkannten, war die Tatsache, dass sie die Produktentanker zu historischen Höchstpreisen in Auftrag gaben.

Historische Anschaffungskosten Produktentanker
Historische Preise: Produktentanker (Quelle: Scorpio Tankers)

Im Jahr 2007 lagen die Preise beinahe 50% über den durchschnittlichen Anschaffungskosten. Das böse Erwachen kam während der Finanzkrise, als die Charterraten ins Bodelose sanken und sich die doch so optimistischen Reeder mit einem Schuldenberg und nicht wirtschaftlichen Schiffen am Rande des Bankrottes wiederfanden.

Überangebot an Werften

Ein Überangebot an Werften ist der Angebotsseite ebenfalls nicht zugute gekommen. In den letzten 20 Jahren schossen neue Werften wie Pilze aus dem Boden, vor allem in China. Dies wäre auch kein Problem gewesen, hätte China nicht sowohl das Input-Material Stahl, als auch die Werften selbst subventioniert. Niemand konnte und kann so billig Schiffe bauen wie China – dies wurde dem Trockengutsegment (Dry Bulk) besonders zum Verhängnis, denn diese Arte von Schiffen sind ganz und gar einfach zu bauen und erfodern keine große Expertise.

Auch das Produktentankersegment litt unter der Subventionierung Chinas, denn die Preise für Produktentanker sind seit der Finanzkrise rückläufig. Billige Schiffe sind für den einzelnen Reeder gut, für den Markt jedoch schlecht. Da mehr Schiffe für den gleichen Geldbetrag in Auftrag gegeben werden können, was sich wiederum negativ Angebot & Nachfrage auswirkt.

Extrem diversifizierte Branche

Die Branche leidet seit jeher darunter, dass es keine Major Players mit marktdominierenden Stellungen gibt. Der Großteil der Flotte befindet sich im Besitz von privaten Familienunternehmen, welche über die ganze Welt verstreut sind. Wenn beispielsweise Reeder X ein neues Schiff ordert, muss auch Reeder Y ein neues Schiff ordern, denn er könnte ja den nächsten Bullenmarkt verpassen. Plötzlich laufen alle Reeder zu den Werften und keiner beschäftigt sich mehr mit der Angebotsseite. Dieses unkontrollierte Herdenverhalten macht es nahezu unmöglich das Angebot zu regulieren, was immer wieder zu extremen Boom und Bast Zyklen führt.

Angebot

Prinzipiell gilt, dass die Angebotsseite deutlich einfacher vorherzusagen ist, als die Nachfrageseite, denn Schiffe sind wie Immobilien: Gibt man sie heute in Auftrag, dauert es 2-3 Jahre bis sie die Weltmeere umsegeln. Somit weiß man bereits heute, wie viele Schiffe in den nächsten 2-3 Jahren vom Band laufen werden und kann daraus folgend das Angebotswachstum berechnen.

Verblüffender Weise wurden in den letzten Jahren (2016-2019) kaum neue Schiffskapazität in Auftrag gegeben. Dies ist auf mehrere Gründe zurückzuführen:

  • Die gesamte Industrie befindet sich seit 2008/2009 in einer Vollkrise, wo von Jahr zu Jahr mehr Shareholder Money den Schornstein hinausgeblasen wird.
  • Kreditinstitute fühlen sich nicht mehr dazu verpflichtet, günstige Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Verluste der letzten Jahre, wiegen einfach zu schwer. Sie wollen sich nicht nochmals die Finger verbrennen
  • Handelskrieg zwischen China und USA
  • Rohstoffkrisen der letzten Jahre
  • Investoren hassen die Schifffahrt, denn sie haben sich darin mehrmals die Finger verbrannt

Nachfrage

Die Nachfrage nach Produktentankern ist in den letzten Jahren kostant gewachsen und wird auch in Zukunft weiter ansteigen, denn die Schifffahrt ist und bleibt das Rückgrat der Globalisierung.
Das jährlich Wachstum der letzten 20 Jahre belief sich durchschnittlich auf 3,8%. Zurückzuführen ist dies, auf zwei anhaltende Trends:

  • Globalisierung, insbesondere der Aufstieg Asiens
  • Raffinerien werden nicht mehr dort errichtet wo der Kunde ist, sondern dort wo das Öl ist. Dieser Trend hat dazu beigetragen, dass mehr und mehr raffinierte Produkte von den Erzeugerländern in die Verbraucherländer transportiert werden muss.

    Seit der Jahrtausendwende ist die Nachfrage nach Produktentanker durchschnittlich um 3,8% gewachsen. Im Jahr 2020 ist aufgrund IMO 2020 mit einem deutlich größerem Anstieg zu rechnen.
    Nachfrageentwicklung im Segment der Produktentanker (Quelle: Scorpio Tankers)

 

Rebalancing

Man kann ein Überangebot an Schiffen nur durch drei Initiativen beseitigen:

  • Nachfrage wächst schneller als das Angebot
  • Abwrackung von alten bzw. unökonomischen Schiffen
  • Regulierungen

Abwrackung von alter/unökonomischer Tonnage

Wenn die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage zu Groß wird, dann kommt es unweigerlich dazu, dass alte Tonnage vom Markt verschwindet. Alte Schiffe haben nämlich deutlich höhere Betriebs- und Wartungskosten. Dies mag in einem guten Marktumfeld kein Problem darstellen, wobei es in einem schlechten Marktumfeld einem das Genick brechen kann, denn einerseits schreibt man höhere Verluste, andererseits bekommt man möglicherweise nicht mal mehr Aufträge. Besonders der zweite Punkt erfordert eine genauere Erklärung:

In einem guten Markt werden jüngere Schiffe, im Vergleich zu älteren Schiffen, zu einem Premium gehandelt. Dies beruht darauf, dass internationale Konzerne nicht mit einer Naturkatastrophe (Bsp. Ölunglück) in Verbindung gebracht werden möchten. Die Folgen eines solchen Zwischenfalles wären zu schwerwiegend, sowohl finanziell, als auch auf die Umwelt bezogen. Da die Transportkosten im Vergleich zur transportierten Ware, ohnehin vernachlässigbar sind, spielt es auch keine Rolle einen minimalen Aufschlag für neuere Schiffe zu bezahlen. Neue Schiffe weisen vergleichsweise ein deutlich geringeres Risiko auf, in solch ein Unglück verwickelt zu sein.

Diese Einstellung ist spätestens seit der Ölkatastrophe „Exxon Valdez“ 1989 vor der Küste von Alaska in den Köpfen der westlichen Rohstoffkonzerne (besonders Ölkonzerne. 1989 lief ein Öltanker von Exxon auf Grund und verlor dabei beinahe 11 Millionen Gallonen an Rohöl. Dies ist bis dato die zweitschlimmste Ölkatastrophe in der Geschichte der Menschheit.

In einem schlechten Marktumfeld verschwindet der Aufschlag für neue Schiffe jedoch. Plötzlich weisen alte und neue Schiffe identische Charterraten auf. Die Folge davon ist, dass nicht nur internationale Riesen wie Exxon, BP und ARAMCO neue Schiffe chartern, sondern auch Konzerne, welche im oben geschilderten Aspekt risikotoleranter sind.

Warum sollte man auch ein altes Schiff chartern, wenn das alte und das neue gleich teuer sind? Sie fahren auch nicht mit einem alten Taxi, wenn man stattdessen mit einem neuem zum gleichen Preis fahren könnte. Dies führt in einem schlechten Marktumfeld unweigerlich dazu, dass alte Schiffe keine Aufträge mehr bekommen und noch höhere Verluste schreiben, denn die Betriebskosten eines Schiffes fallen auch ohne Arbeit an. Die Konsequenz davon ist, dass der Marktwert von alten Schiffen weiter und weiter sinkt. Der Marktwert sinkt so weit, bis der Schrottwert des Schiffes über dem Marktwert liegt. Was dazu führt das alte Schiffe in Massen abgewrackt werden, denn so kann man dem Blutbad Einhalt gebieten.

Dies trägt dazu bei, dass alte Tonnage vom Markt verschwindet, was sich wiederum positiv auf Angebot & Nachfrage auswirkt, denn plötzlich sind weniger Schiffe verfügbar. Es handelt sich hierbei also um einen selbstregulierenden Prozess.

Regulierungen

Das Thema Regulierungen ist für das Rebalancing von großer Bedeutung, denn Regulierungen können in relativ kurzer Zeit Angebot & Nachfrage extrem beeinflussen. Folgende Regulierungen erfodern eine genauere Beleuchtung:

  • IMO 2020: Ab Jänner 2020 tritt IMO 2020 in Kraft. Dieses Gesetz wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit als Katalysator entpuppen, welcher alte Tonnage vom Markt verschwinden lässt. (Siehe Kapitel IMO 2020)
  • Ballastwasser-Übereinkommen: Neben dem neuen Treibstoffgesetzt tritt ebenfalls das neue Ballastwasser-Übereinkommen in Kraft. Dieses schreibt vor, dass ab 2020 alle neuen Schiffe mit einer Ballastwasseraufbereitungsanlage ausgestattet sein müssen. Bereits im Einsatz befindliche Schiffe müssen, falls noch nicht vorhanden, eine Ballastwasseraufbereitungsanlage so schnell wie nur möglich nachrüsten, (d.h. sie müssen beim nächsten großen Service eine Ballastwasseraufbereitungsanlage nachrüsten). Bei alten Schiffen zahlt sich diese Investition nicht mehr aus, was wiederum einen positiven Effekt auf die Abwrackung von alter Tonnage hat.

Parallelen zur Vergangenheit

„History Does Not Repeat Itself, But It Rhymes”

Wie bereits Mark Twain sagte: „Die Vergangenheit wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ IMO2020 weißt starke Parallelen zur „Double Hull Regulation“ auf, welche 2003 in Kraft trat.

Die Double Hull Regulation war die Folge der obengenannten Ölkatastrophen (Exxon Valdez 1989 und Erika 1999), als einschalige Öltanker riesige Mengen an Rohöl verloren. Die Konsequenz dieser Ölkatastrophen war, dass ab 2003 nur mehr Öltanker mit einem doppelschaligen Rumpf zugelassen waren. Damals wie heute nahm die neue Regulierung keiner ernst, bis sie schließlich in Kraft trat.

Die Folgen dieser Regulierung waren deutlich höhere Charterraten, da ein beträchtlicher Teil des Angebots, sogenannte einschalige Tanker, aus dem Verkehr gezogen wurden. Die Konsequenzen von IMO 2020 ähneln denen der „Double Hull Regulation“ und werden ebenfalls alte Tonnage vom Markt verschwinden lassen.

Das Produktentankersegment kann von IMO 2020 am meisten profitieren, denn einerseits steigt die Nachfrage nach Produktentankern aufgrund der neuen Regulierung, andererseits verschwindet alte Tonnage. Die Folgen sind beträchtlich, denn die Nachfrage überholt das Angebot. Seit der Jahrtausendwende hat es noch nie solch eine große Diskrepanz gegeben, wie ab 2020 erwartet wird.

IMO 2020 wird dafür sorgen, dass die Nachfrage das Angebot überholt
Nachfrage überholt Angebot: Aus einem Buyer´s-Market wird ein Seller`s-Market (Quelle: Scorpio Tankers)

Fazit: IMO 2020 wird in einem ohnehin guten Marktumfeld den Turbo zünden und die Charterraten in die Höhe schnellen lassen. Dies kann zu langanhaltend hohen Charterraten führen, da in den kommenden Jahren mit kaum neuer Tonnage zu rechnen ist. Da es sich bei der Schifffahrtsbranche um eine gehebelte Industrie handelt, wirken sich steigende Charterraten exponentiell positiv auf den Nettogewinn aus.

Warum wird dies von der Börse nicht wahrgenommen?

Ganz offensichtlich wird die Schifffahrtsbranche von den Börsianern aktuell gehasst. Seit der Finanzkrise 2008/2009 kennen Schifffahrtspapiere nur eine Richtung: nach unten. Viele Investoren, sowohl Privatanleger, als auch institutionelle Investoren, haben sich in dieser Industrie, mehrmals die Finger verbrannt. Immer wenn die Trendwinde ausgerufen wurde, stellte sich dies als Fehlalarm heraus. Zudem lastet der Handelskrieg zwischen den USA und China schwer auf der Branche.
Die Börse reagiert erst, wenn sich die Party bereits dem Ende nähert, so war es seit jeher in den Boom-Perioden der Schifffahrtsbranche und so wird es auch in Zukunft sein.

Rechenbeispiel

Die Industrie rechnet damit, dass die Nachfrage nach Produktentankern um bis zu 8% zunehmen wird – was in der Schifffahrt eine immense Zahl darstellt. Falls dies der Fall sein sollte, darf man mit nachhaltigen Charterraten zwischen 30. 000 – 50. 000 USD pro Tag (abhängig vom Schiffstyp) rechnen. Im ersten Halbjahr 2019 lagen die Charterraten zwischen 15. 000 – 20. 000 USD pro Tag.
Im Falle Scorpios würde das mehr als 900 Mio. USD. Free Cashflow bedeuten, – bei einer Marktkapitalisierung von 1.400 Mio. USD. Das Unternehmen möchte einen beträchtlichen Teil dieses Free Cashflows als Sonderdividende an die Aktionäre ausschütten.
Hierbei handelt es sich lediglich um ein mögliches Szenario, natürlich kann es auch anders kommen, die Zukunft ist ungewiss.

Bewertung Scorpio Tankers

Zahlen und Fakten Scorpio Tankers
Zahlen und Fakten (Quelle: Eigene Darstellung, Geschäftsbericht Scorpio Tankers)

Schifffahrtsgesellschaften sind in einem zyklischen und kapitalintensiven Markt tätig. Ihre Erträge schwanken von Jahr zu Jahr, Gewissheit ist ein Fremdwort. All diese Faktoren führen dazu, dass herrkömmliche Bewertungsverfahren nicht besonders aussagekräftig sind. In zyklischen Branchen wie der Schifffahrt gilt, wie es der amerikanische Milliardär und Investment Guru Warren Buffett sagt:

„Be fearful when others are greedy and greedy when others are fearful “

Chancen & Risiken

Risiken:

  • Zyklische Branche
  • Hohe Schuldenlast
  • Von externen Faktoren, wie z.B. Ölpreis, abhängig
  • Entwicklung der Weltkonjunktur
  • Intensiver Wettbewerb
  • Anstieg der Zinsen
  • Neue Regulierungen (IMO 2020 & Balastwasser-Übereinkommen) entpuppen sich nicht als Katalysator
  • Fuel Spread erweist sich als zu gering
  • Gehebeltes Unternehmen (exponentiell steigende oder fallende Gewinne)
  • Insider Industry

Chancen:

  • Historisch günstige Bewertung
  • Solide Bilanz und hoher Cash Bestand
  • Modernste Flotte in der Branche
  • Fuel Spread wird noch größer ausfallen, als bisher angenommen
  • Preise für Schweröl sinken, da die Nachfrage abnimmt
  • Kaum neue Kapazität im Bau
  • Gehebeltes Unternehmen (exponentiell steigende oder fallende Gewinne)
  • Neue Regulierungen (IMO 2020 & Balastwasser-Übereinkommen) entpuppen sich wie erwartet als Katalysator
  • Steigende Charterraten
  • Geld wird an die Aktionäre zurückgegeben (Dividenden und Aktienrückkäufe)
  • Wettbewerbsvorteil (Kann billiger wirtschaften als die Konkurrenz aufgrund der Skaleneffekte)
  • Insider Käufe (Robert Bugbee und Emanuele A. Lauro)
  • Aufstieg Asiens
  • Nachfrage übersteigt Angebot → Seller`s Market

Schlussfazit

Das Unternehmen kann aufgrund seiner großen und modernen Flotte exponentiell von IMO 2020 profitieren – was aktuell von der Börse noch nicht wahrgenommen wird. Investoren wollen sich nicht nochmals die Finger an Schifffahrtspapieren verbrennen.

Scorpio Tankers bietet jedoch in einem von Ungewissheit dominierten Markt einen hohen Grad an Gewissheit, denn die monegassische Reederei profitiert sowohl von einem Fuel Spread, als auch von keinem. Im Szenario 1, wo mit einem großen Fuel Spread (wahrscheinlicher als Szenario 2) gerechnet wird, erweisen sich Abgasreinigungsanlagen als erstklassige Entscheidung.

Im Szenario 2, wo mit einem Ausbleiben des Fuel Spread gerechnet wird, profitiert ebenfalls das Unternehmen, denn nun steigen noch mehr Reeder auf den neuen Treibstoff um – was wiederum der Nachfrage nach Produktentankern zu Gute kommt.

Wenn sich die Weltwirtschaft nicht signifikant verschlechtern sollte, ist es relativ schwierig mit diesem Schifffahrtspapier – langfristig betrachtet – Geld zu verlieren.

Quellen:

Auswirkungen von Abgasnachbehandlungsanlagen (Scrubbern) auf die Umweltsituation in Häfen und Küstengewässern

Switching Options in Tanker Shipping Markets – Norwegian School of Economics

Scorpio Tankers Investor Presentation

TUI Übernahmeversuch John Fredriksen 

Forbes Artikel: John Fredriksen

Viking Raider: Forbes

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