Investieren im Irak: Öl-Aktien aus Kurdistan

Investieren im Irak: Öl-Aktien aus Kurdistan

Liebe Leser,

mein guter Freund Thomas Steinhauser hat eine weitere exotische Investment-Idee ausgegraben: Irakische Öl-Aktien

Als ich vor kurzem in vertrauter Runde von meinen neuesten Investmentideen im Irak erzählt habe ist spontan Heiterkeit ausgebrochen.

Tenor: “Jetzt ist er völlig übergeschnappt!” Grund ist vermutlich der Umstand das die meisten Menschen den Irak nicht unbedingt mit einem Ort verbinden an dem sie unbedingt ihr Geld anlegen möchten.

Der katastrophale Ruf des Iraks kommt natürlich nicht von ungefähr, sondern basiert auf fast 40 Jahren Kriegs- und Krisengeschichte. Anfang der 80er Jahre hatte Saddam Hussein mit den Ölmilliarden die viertgrößte Armee der Welt aufgebaut. Mit dieser Armee überfiel er dann den Iran um die Ölfelder im Süden an sich zu reißen. Sein Kalkül, dass die durch die Revolution geschwächte iranische Armee dem nichts entgegen zu setzen hat, ging nicht auf. Alles was durch 8 Jahre Krieg erreicht wurde, war ein militärisches Unentschieden, Millionen Tote auf beiden Seiten und ein gigantischer Schuldenberg.

Der Versuch sich durch die Besetzung Kuwaits im Jahr 1991 zu sanieren führte sogar zu einem noch größeren Desaster. Zwar konnte sich Saddam im Amt halten aber die von der USA angeführte Kampagne “Wüstensturm” vernichtete praktisch die komplette “Hardware” seiner Armee. Die folgenden Jahre waren geprägt von Sanktionen, Isolation und unregelmäßigen US-Luftangriffen. Als nach dem 11. September ein Sündenbock gebraucht wurde bot sich Saddam Hussein erneut an. 2003 marschierten die USA im Irak ein, setzten Saddam ab und kreierten einen “Failed state” in dem Gewalt und Bürgerkrieg über eine Dekade lang gedeihen sollten.

Wie ist die Lage im Irak heute?

Zunächst mal hat sich die Gewalt abgeschwächt. Teilweise herrscht Aufbruchsstimmung. Die Wirtschaft ist 2019 um 4 % gewachsen, die Währung ist stabil. Am interessantesten ist jedoch der kurdische Teil Nordiraks.

In der kurdischen Region wurde ein unabhängiger de-facto Staat geschaffen der auch nach westlichen Maßstäben gut zu funktionieren scheint.

Die Hauptstadt Erbil ist sogar eine Art Boomstadt geworden und wird teilweise mit Dubai vergleichen. Auf Youtube gibt es zahlreiche Berichte von Reisebloggern über die man sich einen Eindruck über die Region verschaffen kann. Bspw. hier

Wie kann man nun im kurdischen Teil des Landes investieren?

Es gibt eine Handvoll an börsennotierte Öl-Aktien die sich seit über 10 Jahren in Kurdistan tummeln. Nach der quasi-Unabhängigkeit Kurdistans hat die Autonomieregierung Unternehmen gesucht die nach Öl explorieren. Die “Majors” wie BP, Exxon und Co. kamen jedoch nicht in Frage, da die Zentralregierung in Bagdad allen Ölfirmen, die sich in Kurdistan betätigen würden, damit drohte von Aufträgen im restlichen Irak auszuschließen.

Also traten in Kurdistan kleinere Spieler auf den Plan die es sich leisten konnten bzw. ohnehin auf die großen Kuchenstücke im Irak verzichten mussten. In den Jahren 2008-2012 kam es gleich zu mehreren größeren Funden von neuen Feldern. Die spektakulären Funde, die rasant wachsende Förderung und die damals gleichzeitig statt findende “Peak-Oil” Diskussion die den Ölpreis auf mehr als 120$ pro Barrel in die Höhe katapultierte, sorgte für eine Champagnerhausse unter den kurdischen Produzenten.

Der Ölpreis stieg auf mehr als 120 USD pro Barrel
Ölpreis (Brent) Quelle: Finanzen.net

Wie ist die Situation heute?

Aufgrund des Ölpreisverfalls und enttäuschter Erwartungen sind die Kurse völlig zusammen gebrochen. Wir unterhalten uns hier über Rückgänge von 90 bis 99%. Gleichzeitig sind die Bilanzen inzwischen teils sehr solide und die Bewertungen der Firmen Stand heute sehr günstig. Um eine Kennziffer zur Bewertung von Ölförderern herauszugreifen: Zu Zeiten des Booms wurde ein Barrel im Boden eines Majors mit 20$ bewertet. Heute sind es 6-7$. Bei den kurdischen Irakis sind es teilweise weniger als ein USD pro Barrel (!)

Um welche Öl-Aktien handelt es sich:

  1. DNO International ASA
  2. Gulf Keystone Petroleum Limited
  3. Genel Energy

DNO International ASA (OTCMKTS: DTNOF)

DNO hat sicher die interessanteste Geschichte. Anfang der 70er in Norwegen gegründet hat man in den 2000ern alle Nordseequellen verkauft und sich auf exotische Standorte spezialisiert. 2005, als ich das erste mal in das Unternehmen investierte, kam die ganze Förderung aus dem Jemen. Damals wurden im Jemen 10.000 Barrel am Tag gefördert. Heute werden 100.000 im Irak und – nach der Übernahme von Färöer Petro – auch wieder 20.000 in der Nordsee gefördert. Obwohl die Firma heute 10x mehr fördert und 3x mehr Reserven vorweisen kann, wird sie nur zu einem Bruchteil von damals bewertet.

Kursverlauf der DNO ASA Aktie
Aktienkurs DNO ASA (Quelle: Google, 23.10.2020)

Im ersten Halbjahr 2020 wurde Geld verbrannt. Im Jahr 2018 wurde aber noch eine halbe Mrd $ verdient. Mehr als die heutige Marktkapitalisierung von 450 Mio $. Von allen Unternehmen hat DNO die höchsten Schulden, was vor allem von der aus heutigen Sicht überteuerten Übernahme von Färöer Petro herrührt. Im zweiten HJ wird eine Steuerrückerstattung von über 200 Mio. USD erwartet was angesichts der mickrigen Marktkapitalisierung beträchtlich ist.

Gulf Keystone Petroleum Limited (LON: GKP)

Gulf Keystone wurde 2001 gegründet und ist auf den Bermudas registriert. Das Unternehmen hatte sich mit den Investitionen in die Förderanlagen etwas verhoben und war vor 5 Jahren de facto pleite. Mit einer Kapitalerhöhung und der damit einher gehenden Verwässerung konnte das Unternehmen auf Kosten der Altaktionäre jedoch gerettet werden.
Kursverlauf der Gulf Keystone Petroleum Aktie
Aktienkurs Gulf Keystone Aktie (Quelle: Google 26.10.2020)
Heute steht man im Vergleich dazu, blendend da: Es werden 35.000 Barrel pro Tag gefördert und ein Ausbau auf über 50.000 in den kommenden Jahren geplant. Der Cashbestand deckt die Markkapitalisierung von 180 Mio fast ab. Gesicherte Reserven von 200 Mio. Barrel sowie “wahrscheinliche” von weiteren 600 Mio. Barrel machen das Unternehmen zu einem Superschnäppchen. Letztes Jahr wurden 25 Cent an Dividende ausgeschüttet was beim heutigen Kurs einer Rendite von etwa 30% entspricht. Heuer könnte die Dividende allerdings ausfallen. Mittelfristig sind aber weiter hohe Ausschüttungen zu erwarten. Minuspunkt ist der Umstand dass die ganze Produktion aus einem einzigen Feld kommt, man also ein gewisses Klumpenrisiko.

Genel Energy PLC (LON: GENL)

Genel Energy wurde im Jahr 2011 gegründet. Das Hauptquartier befindet sich in der Türkei, man ist jedoch auf der Steueroase Jersey registriert. Genel Energy ist vermutlich die solideste der drei Gesellschaften: Der Cashbestand liegt bei 350 Mio $ dazu kommen noch Forderungen an die kurdische Regierung von 200 Mio. Man muss dazu sagen dass die Kurden in der Vergangenheit immer mal wieder in Zahlungsverzug gerieten, schlussendlich aber immer zahlten. Als man vor ein paar Jahren alle Mittel für den Kampf gegen ISIS mobilsiieren musste wurden die Ölförderer ein Jahr lang nicht bezahlt. Die Rückstände wurden jedoch später bezahlt bzw. durch günstigere Verträge ausgeglichen.

Kursverlauf der Genel Energy Aktie
Genel Energy Aktie (Quelle: Google 26.10.2020)

Aufgrund des hohen Cashpolsters ist die Dividende 2020 nicht in Gefahr. Gemessen am derzeitigen Kurs beläuft sich die Dividendenrendite auf ca. 10%. Die Marktkapitalisierung von Genel Energy liegt mit 280 Mio. verblüffenderweise sogar unter dem Cashbestand. Die tägliche Produktion beläuft sich auf gut 30.000 Barrel. Schwachpunkt sind die mit 125 Mio Barrel etwas niedrigeren “geprüften” Reserven. Neben der Förderung im Irak wird auch in den Gewässern vor Marokko sowie in Somaliland nach Öl gesucht. Die dortigen Konzessionen mit der dazugehörigen Optionalität bekommt man praktisch als Art Kirsche auf der Torte kostenlos obendrauf.

Fazit: Irakische Öl-Aktien

Irakischen Ölaktien sind nach jahrelanger Baisse absurd niedrig bewertet. Eine Normalisierung der Bewertung würde zu Aufschlägen im mittleren dreistelligen Prozentbereich führen. Eine Erholung der Aktien ist zu erwarten wenn auch der Ölpreis anzieht. Zwar rechnen einige Studien von Shell, BP und Co. damit dass die Ölnachfrage bereits ihren Peak überschritten hat. Auch wenn ich davon nicht überzeugt bin, sollte der Ölpreis mittelfristig auch bei nachlassender Nachfrage steigen da das Angebot aufgrund des Niedergangs der Fracking Industrie in den USA und den jahrelangen Unterinvestitionen in die Offshore Förderung noch schneller fallen dürfte. Kurzfristig müssen wir uns aber vermutlich erst noch durch die im Zuge der Lockdown Krise aufgebauten Lagerbestände “arbeiten”.

 

Menü schließen