Wie lange steht Kazatomprom noch still?

Wie lange steht Kazatomprom noch still?

Am 7 April gab das kasachisches Staatsunternehmen Kazatomprom in einer Pressemitteilung bekannt, dass man seine Produktion aufgrund COVID-19 vorübergehend stilllegen wird.

Achtung: Hier handelt es sich um eine Artikelreihe, bitte lesen Sie als erster folgenden Artikel “Uran-Update: Trendwende oder Fehlalarm?

Aktuelle Lage in Kasachstan

Seit damals hat sich die Lage in Kasachstan nicht verbessert, sonder dramatisch verschlechtert. Während man Anfang April noch 15 neue Fälle pro Tag zählte, sind es jetzt bereits mehr als 1.500 Fälle.

Der autoritär regierte Steppenstaat musste daraufhin neue Maßnahmen ergreifen und verhängte am 5 Juli einen weiteren Lockdown. Der neue Lockdown geht zwei Wochen und wird gegebenenfalls verlängert. Aktuell deutet alles auf eine Verlängerung hin, da die Infektionszahlen weiter rapide zunehmen (siehe Grafik).

Die Infektionszahlen nehmen in Kasachstan rapide zu
Infektionszahlen Kasachstan (Quelle: https://www.worldometers.info/coronavirus/country/kazakhstan/)

 

Kazatomprom verlängert seinen Produktionsstop (!)

Kazatomprom hat bereits in mehreren Pressemitteilungen verlautbaren lassen, dass die Gesundheit der Mitarbeiter und deren Familien die höchste Priorität hat. Man wird erst dann wieder in Produktion gehen, wenn die Sicherheit der Mitarbeiter gewährleistet werden kann.

“Kazatomprom’s main priority is the health and wellbeing of our staff and their families, our partners, and the communities where we operate.” – Galymzhan Pirmatov, CEO von Kazatomprom

Aufgrund der weiter steigenden Infektionszahlen (siehe Grafik) musste nicht nur die Regierung sondern auch Kazatomprom weitere Maßnahmen ergreifen und veröffentlichte diesbezüglich eine neue Pressemitteilung (06.07.2020).

In der Pressemitteilung verkündete man eine vierwöchige Verlängerung des Produktionsstops. Sollte sich die Lage in den kommenden Wochen verbessern, möchte man den Betrieb Anfang August wieder schrittweise hochfahren.

Wenn die Wiederinbetriebnahme nicht möglich sei, müsse man gegebenenfalls im Spot-Market aktiv wird und fehlendes Uran zukaufen.

Der Chief Commercial Officer von Kazatomprom Riaz Rizvi hat in einem kürzlich veröffentlichten Interview mit CRUX Investor folgendes Kommentar von sich gegeben:

“Whether we need to go back in the market and buy material, I think we are getting close to this point” – Riaz Rizvi, COO von Kazatomprom

Die Konsequenzen eines längeren Produktionsstops

Sollte sich die Lage bis Anfang August nicht bessern, hätte dies signifikante Auswirkungen auf mehreren Ebenen. Die Konsequenzen davon, sind aktuell nicht einmal ansatzweise in den Kursen eingepreist sind.

Was sind mögliche Konsequenzen?

  1. Die Angebotslücke wird größer
  2. Fuel Buyers geraden in Panik
  3. Austrocknung des Spot-Markts
  4. Der Winter naht (!)

1.) Die Angebotslücke wird größer

Mit einem Marktanteil von 40% produziert Kasachstan mit Abstand am meisten Uran. Alleine Kazatomprom produziert 24% des weltweiten Urans, die restlichen 16% entfallen auf JV-Partner. Umso länger Kasachstan bzw. Kazatomprom stillstehen, desto größer wird die Angebotslücke.

Sollte sich Kazatomprom dazu entscheiden im Spot-Market aktiv zu werden, würde die Angebotslücke noch deutlich schneller wachsen.

2.) Fuel Buyers geraden in Panik

Beschäftigt man sich mit dem letzten Uran-Bullenmarkt, sieht man starke Parallelen zu heute:

Damals so wie heute steht ein beträchtlicher Teil der weltweiten Produktion in einem ohnehin schon defizitären Markt still. Während damals die Überflutung von Cigar Lake und dessen Konsequenzen den Uranpreis wie einen Hockeyschläger in die Höhe schießen ließen, ist es heute möglicherweise COVID-19.

Historische Preisentwicklung von Uran
Uran-Boom (Quelle: https://www.researchgate.net/figure/Historical-Spot-Price-of-Uranium-1988-to-2018-U3O8-From-UXC_fig1_324978537)

Überflutung von Cigar Lake

Am 22 Oktober 2006 kam es in der im Bau befindlichen Uran-Mine Cigar Lake (Kanada) zu einem massiven Wassereinbruch. Cigar Lake galt zur damaligen Zeit als Lösung für eine aufklaffende Angebotslücke. Die Mine hätte im Jahr 2008 in Betrieb gehen sollen und 17% der weltweiten Uranförderung ausmachen.

Aufgrund des Wassereinbruches war dies jedoch nicht länger möglich, man war sich nicht einmal mehr sicher, ob die Mine überhaupt in Produktion gehen kann. Rückblickend waren die Befürchtungen mehr als angebracht, da die Mine erst im Jahr 2015 in Betrieb ging (!)

Der Ausfall von Cigar Lake war für den Uransektor damals so, als ob ganz Saudi Arabien für die Ölförderung ausfallen würde!

Dies verursachte große Ungewissheit, da die Angebotslücke nicht wie erwartet kleiner, sondern noch größer wurde. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Innerhalb eines Jahres, stieg das gelbe Pulver von weniger als 60 USD pro Pfund auf sagenhafte 140 USD pro Pfund.

Fuel Buyers hate uncertainty

Der exorbitante Kursanstieg (60 =>140 USD pro Pfund) war zum Teil einer Übertreibung der Fuel Buyers geschuldet. Fuel Buyers haben die Aufgabe, Uran für Reaktorbetreiber zu kaufen und die Uranversorgung sicherzustellen.

Als Cigar Lake überflutet wurde, gerieten die oben genannten Einkäufer in Panik, da sie nicht wussten, woher sie das zukünftige Uran bekommen. Als Folge dessen, stürmten sie in den Markt und kauften das letzte noch verfügbare Uran auf => was logischerweise die Kurse in die Höhe trieb.

Aktuell befinden wir uns in einer ähnlichen Situation wie damals: COVID-19 und dessen Folgen verursachen große Ungewissheit in einem ohnehin schon defizitären Markt. Sollte Kazatomprom die Produktion im August nicht wieder aufnehmen, könnte dies das Fass zum Überlaufen bringen.

3.) Austrocknung des Spot-Markts

Im Uranmarkt gibt es kaum Trader, der Großteil des Inventars wird von Reaktorbetreibern und staatlichen Organen gehalten. Wenn der Uranpreis über einen längeren Zeitraum auf einem niedrigen Niveau verweilt bzw. reichlich vorhanden ist, dann steigt der Druck überschüssiges Uraninventar zu liquidieren.

Der Gedankengang sieht hier wie folgt aus: Warum sollen wir Working Capital, in Form von physischem Uran, binden, wenn wir es auch jederzeit günstig zukaufen können? Diese Überlegung ergibt so lange Sinn, so lange Uran nicht steigt bzw. reichlich vorhanden ist.

Wenn der Uranpreis jedoch zu steigen beginnt oder kein Uran mehr verfügbar ist (Ungewissheit), ändert sich der mit dem Uran-Inventar verbundene Gedankengang und man wird am bereits bestehenden Inventar festzuhalten. Was dazu führt, dass der ohnehin schon relativ illiquide Spot-Markt weiter austrocknet.

Im gleichen Moment kaufen große Uran-Produzenten wie Cameco und Orano bereits wie wild im Spot-Markt. Wenn jetzt auch noch Kazatomprom und die oben genannten Fuel Buyers im Spot-Markt aktiv werden, könnte dies einen signifikanten Kurssprung verursachen.

4.) Der Winter naht

Ein weiterer Katalysator, welcher aktuell noch kaum Aufmerksamkeit bekommt, ist der Winter in Kasachstan. In Kasachstan kann bereits im Oktober der erste Schnee fallen. Dies ist für eine herkömmliche Mine kein wesentliches Problem, für das von Kazatomprom verwendete In-situ leach Verfahren jedoch schon (!)

Anm.: Das In-situ leach Verfahren ist mit dem Fracking-Verfahren in der Erdölindustrie vergleichbar. Man bohrt Löcher und pumpt eine chemikalische Flüssigkeit in den Boden. Anschließend wartet man, bis die Flüssigkeit das Uran aus dem Erz extrahiert und pumpt die uranhaltige Flüssigkeit wieder heraus. Umso größer die Mine, desto länger dauert der Prozess.

Laut dem Chief Commercial Officer Riaz Rizvi hat Kazatomprom seit Anfang April keine neuen Löcher gebohrt (Quelle: Interview mit CRUX Investor).

Wenn es Kazatomprom bis Winterbeginn nicht schaffen sollte, ausreichend viele neue Löcher zu bohren und die extrahierende Flüssigkeit hineinzupumpen, hat man folgende Problem: Die Flüssigkeit kann bei Minunsgraden nicht mehr hineingepumpt werden, d.h. die Produktion für 2021 wäre rückläufig.

Schlussfazit: Kazatomprom

Das Angebot sinkt und die Nachfrage steigt – was einem Pulverfass gleicht, wo nur noch der Funke fehlt. Sollte es Kazatomprom in den kommenden Wochen nicht schaffen seine Produktion erneut hochzufahren, was aktuell als wahrscheinlich gilt, könnte dies der Funke sein, welcher das Pulverfass zum explodieren bringt.

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