Scorpio Tankers: Die günstigste Tanker-Aktie der Welt?

Scorpio Tankers: Die günstigste Tanker-Aktie der Welt?

Liebe Leser,

in diesem Artikel möchte ich auf 12 Gründe eingehen, warum Scorpio Tankers möglicherweise die günstigste Tanker-Aktie der Welt ist.

Bevor wir uns mit den einzelnen Punkten beschäftigen, hier ein kurzer Überblick:

Die monegassische Reederei betreibt die größte und modernste Produktentankerflotte der Welt. Aktuell hat man 128 Schiffe mit einem Durchschnittsalter von 4,7 Jahren.

Was ist der Unterschied zwischen einem Produktentanker und einem Öltanker?

Produktentanker transportieren raffinierte Produkte, wie z.B. Benzin, Diesel, Kerosin… während ein herkömmlicher Öltanker Rohöl transportiert.

Aber kommen wir nun zu den 12 Gründen, warum Scorpio Tankers möglicherweise die günstigste Tanker-Aktie der Welt ist:

1.) Das niedrigste Auftragsbuch seit der Jahrtausendwende

Das Produktentanker-Segment hat aktuell das niedrigste Auftragsbuch seit der Jahrtausendwende.

Auftragsbuch von Produktentanker
Das Auftragsbuch von Produktentanker ist aktuell auf dem tiefsten Stand seit der Jahrtausendwende (Quelle: Scorpio Tankers Presentation)

Zurückzuführen lässt sich dies gleich auf mehrere Gründe:

  • Immer mehr Kreditinstitute (darunter auch deutschen Banken) ziehen sich aus der Schiffsfinanzierung zurück => die Finanzierung trocknet aus, was höhere Finanzierungskosten zur Folge hat.
  • Die Schifffahrt wird nicht nur von Banken, sondern auch von Investoren gemieden, welche sich in den letzten 10 Jahren mehrmals daran die Finger verbrannten (!) Woher soll das Geld für neue Schiffe kommen, wenn weder Banken noch Investoren bereit sind, Geld zu investieren?
  • Der Handelskrieg, der Virus und die einbrechende Wirtschaft haben auch gerade keinen positiven Einfluss: Alle Drei verursachen haufenweise Ungewissheit und Ungewissheit ist stets schlecht für langfristige Investitionen, da man nicht kalkulieren kann.
  • Als Kirsche auf der Sahnetorte gibt es auch noch das neue Umweltgesetz IMO 2030. IMO 2030 ist der Nachfolger des kürzlich in Kraft getretenen Gesetzes IMO 2020 und soll wie der Name schon sagt im Jahr 2030 in Betrieb gehen.

Was ist IMO 2020? IMO 2020 ist ein seit heuer geltendes Umweltgesetz, mit dem Ziel den Schadstoffausstoß der Schifffahrtsbranche signifikant zu reduzieren.

IMO 2030

Aktuell ist noch unklar, was ab 2030 erlaubt sein wird und was nicht: Dies verursacht ebenfalls Ungewissheit und ist mit dem Kauf eines Neuwagens zu vergleichen: Stell dir vor du kaufst dir ein neues Auto, mit dem Ziel mindestens 20 Jahre zu fahren (entspricht der durchschnittlichen Lebensdauer eines Öl-Tankers).

Nach 10 Jahren musst du feststellen, dass du mit deinem Auto nicht mehr fahren darfst, da du die neuen Umweltanforderungen nicht länger erfüllen kannst (!)

Wenn du weißt, dass es dieses Risiko gibt: Kaufst du dann heuer ein neues Auto oder wartest du noch ein paar Jahre zu? Der Großteil wird sich für Variante 2 entscheiden und noch ein paar Jahre warten, bis klar ist, was ab 2030 erlaubt sein wird und was nicht.

Genau das gleiche passiert aktuell in der Schifffahrt: Man verweilt auf der Seitenlinie und wartet…

Fassen wir noch einmal zusammen: Weder die Reeder, die Banken noch die Anleger wollen aktuell in neue Schifffahrtskapazitäten investieren. Dies wurde durch COVID-19 und dem damit einhergehenden Wirtschaftseinbruch nur noch weiter verschlimmert.

2.) Warum Scorpio Tankers von der magischen Zahl 15 profitiert (!)

Das Produktentankersegment hat nicht nur eines der niedrigsten Auftragsbücher, sondern auch eine der ältesten Flotten im Sektor. Was langfristig nahezu garantiert, dass Produktentanker in Zukunft mehr Geld verdienen als heute.

Dies wird durch die magische Zahl 15 nochmals beschleunigt. Produktentanker haben nämlich die Besonderheit, dass sie ab dem 15 Lebensjahr in den “Dirty Trade” wechseln und somit aus dem Produktentankersegment verschwinden (=> Angebot sinkt).

Unter dem “Dirty Trade” versteht man den Transport von Rohöl. Der ehemalige Produktentanker wird plötzlich zu einem Rohöltanker.

Wie kann aus einem Produktentanker ein Rohöltanker werden?

Ein Rohöltanker und ein Produktentanker sind sich sehr ähnlich, haben jedoch einen wesentlichen Unterschied: Produktentanker haben einen beschichteten Innenraum (Tank + Rohre), damit sie die bereits raffinierten Produkt nicht verunreinigen.

Nach 15 Jahren beginnt sich die Beschichtung jedoch langsam aufzulösen und es kann nicht länger garantiert werden, dass das raffinierte Produkt nicht verunreinigt wird.

Dies hat zur Folge, dass die große Kunden Produktentanker ab 15+ meiden, da es nicht schlicht und einfach nicht lohnt, dieses Risiko in Kauf zu nehmen. Da chartert man lieber einen neueren und etwas teureren Tanker.

Um mit dem alten Produktentanker weiterhin Geld zu verdienen, kann man ihn entweder mit einem signifikanten Abschlag verchartern oder in den Dirty Trade wechseln. Im Dirty Trade spielt es keine Rolle, ob das Produkt verunreinigt wird oder nicht, da es ohnehin erst weiterverarbeitet werden muss.

Auftragseingänge von Produktentankern in den letzten Jahren
In den kommenden Jahren überschreitet ein beträchtlicher Teil der Flotte die magischen 15 Jahre (Quelle: Scorpio Tankers STIFEL Conference Presentation)

In den kommenden Jahren überschreitet ein beträchtlicher Teil der Flotte (siehe Grafik) die magische Zahl 15. Dadurch entsteht möglicherweise ein Angebotsloch, welches vom Auftragsbuch nicht gedeckt werden kann, und zu einem negativen Flottenwachstum führt.

Wie profitiert Scorpio Tankers davon?

Scorpio Tankers bzw. die Scorpio Tankers Aktie kann von dieser Entwicklung maßgeblich profitieren, da man nicht nur die größte, sondern auch die neueste Produktentanker-Flotte der Welt hat.

3.) Scorpio Tankers besitzt die neueste Flotte im Sektor

Mit einem Durchschnittsalter von 4,7 Jahren besitzt man die mit Abstand jüngste Flotte im Sektor.

Scorpio Tankers besitzt die jüngste Produktentankerflotte der Welt
Durchschnittsalter Scorpio Tankers (Scorpio Tankers Presentation October 2019)

Wie man an der Grafik sehen kann, betreibt die BW Group aus Singapur die zweitgrößte Produktentankerflotte. BW hat 85 Schiffe mit einem Durchschnittsalter von 10,6 Jahren. Scorpio Tankers hat im Vergleich dazu, 124 Schiffe mit einem Durchschnittsalter von 4,7 Jahren.

Wie profitiert Scorpio Tankers davon?

Schiffe haben nur eine begrenzte Lebenszeit, d.h. man muss alte Schiffe stets durch neue Schiffe ersetzten um den Status Quo aufrecht zu erhalten. Scorpio muss sich darüber aktuell noch keine Sorgen machen, da man die mit Abstand jüngste Flotte im Sektor hat.

Dies erlaubt es einem in den kommenden Jahren haufenweise Free Cash Flow zu generieren, da man kein Geld in die Flottenerneuerung stecken muss.

4.) Scorpio Tankers ist die einzige Aktie, die man Shorten kann

Scorpio Tankers leidet seit ein paar Monaten unter einer überproportional hohen Short-Quote. Beschäftigt man sich genauer mit dem Sektor, wird einem schnell klar, warum: Scorpio Tankers ist nämlich die einzige Produkentanker-Aktie die auch große Player shorten können.

Alle anderen Produktentanker-Aktien sind schlicht und einfach zu illiquide, d.h. jeder der Produktentanker-Aktien shorten will, muss unweigerlich Scorpio Tankers shorten.

Wie profitiert Scorpio Tankers davon?

Wie wir alle wissen, müssen Leerverkäufer auch irgendwann ihre Position decken und ihre geliehenen Aktien zurückkaufen. Sollte sich der Produktentanker-Markt besser entwickeln als von der breiten Masse angenommen, könnte dies einen Short-Squeeze verursachen und den Aktienkurs von Scorpio Tankers in die Höhe treiben.

5.) Scorpio Tankers ist die einzige Aktie, die man Long gehen kann

Das was für den Leerverkauf gilt, gilt auch für den Long-Investor: Wenn eine große Institution der Meinung ist, dass Produktentanker in den kommenden Monaten und Jahren haufenweise Geld verdienen werden, kann man nur in die Scorpio Tankers Aktie investieren. Der Rest ist für größere Summen schlicht und einfach zu illiquide (!)

6.) Off-Season

Schaut man sich die historischen Charterraten von Produktentankern an, stellt man fest, dass das dritte Quartal stets das schwächste ist. Aktuell befinden wir uns gerade in dieser Schwächephase, es ist somit nicht verwunderlich, dass die Charterraten unter dem Niveau des ersten Halbjahres liegen.

Wenn man dies weiß, kann man davon möglicherweise profitieren, da es in dieser Periode immer wieder zu irrationalen Preisverzerrungen kommt.

7.) Leute fahren weniger mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Eine Konsequenz von COVID-19 ist, dass Leute weniger mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn, U-Bahn, Flugzeug…) fahren und stattdessen lieber das eigene Auto nutzen.

Man muss sich nur in seinem privaten Umfeld umschauen:

  • Wie viele Leute, die sonst mit dem Flugzeug geflogen wären, fahren jetzt mit dem Auto in den Urlaub?
  • Hat der Verkehr auf den Straßen ab- oder zugenommen?
  • Fährt man selber mehr oder weniger mit dem Auto?

Die Frage, die sich nun stellt: Wie profitieren Produktentanker davon?

Produktentanker profitieren von der steigenden Ineffizienz: Öffentliche Verkehrsmittel (Bahn, U-Bahn, Flugzeug, Bus…) haben einen nahezu konstanten Treibstoffverbrauch – es spielt de facto keine Rolle ob der Zug voll oder leer ist, er benötigt immer gleich viel Treibstoff.

Wenn weniger Leute mit dem Zug fahren und stattdessen das eigene Auto nutzen, steigt nicht nur der Diesel und Benzin-Verbrauch, sondern auch der Gesamtreibstoffverbrauch (Zug + Auto).

Bereits eine minimale Verschiebung kann signifikante Auswirkungen auf die Charterraten von Produktentankern haben (!)

8.) Raffinerien können nur eine gewisse Menge an Diesel, Benzin und Co. herstellen

Wenn es zu einer Verschiebung kommt oder die Ineffizienz zunimmt, bekommen Raffinerien ein Problem: Man kann aus einem Barrel an Rohöl nämlich nur eine gewisse Menge an Diesel, Benzin, Kerosin und Co. herstellen.

Bsp.: Durch die in Punkt 7 geschilderte Verschiebung haben Raffinerien in der Region X plötzlich zu viel Kerosin und zu wenig Autotreibstoff. Da man das überschüssige Kerosin nicht einfach in den nächstgelegenen Fluss gießen kann, muss es irgendwo hin: Entweder es wird quer über die Welt geschifft oder auf Produktentankern zwischengelagert.

Das was an Kerosin zu viel ist, fehlt möglicherweise an Autotreibstoff (Diesel + Benzin): Der benötige Treibstoff muss importiert werden, wovon wiederum Produktentanker profitieren.

Ein Barrel an Rohöl liefert nur eine gewisse Menge an Benzin, Diesel, Kerosin und Co.
Aus einem Barrel an Rohöl bekommt man nur eine gewisse Menge an Diesel, Benzin, Kerosin und Co. (Quelle: Scorpio Tankers STIFEL Conference Presentation)

 

9.) OPEC erhöht die Fördermenge

OPEC zählt seit dem Ausbruch des Virus zu den ganz großen Verlierern. Man hat massive Förderkürzungen in Kauf genommen, um den Ölpreis zu stabilisieren. Jetzt wo sich der Ölpreis wieder auf +40 USD pro Barrel eingependelt hat, stehen die Chancen relativ hoch, dass OPEC seine Förderkurzungen schrittweise reduziert.

Sollte sich die OPEC bereits im August oder September dazu entscheiden, die Förderkürzungen zu reduzieren, wäre dies ein signifikanter Katalysator für Öl-Tanker (sowohl für Rohöl- als auch Produktentanker).

10.) Drydockings wurden in das zweite Halbjahr verschoben

Aufgrund der hohen Charterraten im ersten Halbjahr und der vorübergehenden Schließung von Werften (COVID-19) wurden Drydockings und Installationen von Abgasreinigungsanlagen in das zweite Halbjahr verschoben. Dies kann weitere 3-5% der Flotte vorübergehend aus dem Markt nehmen, was sich positiv auf die Charterraten auswirken dürfte.

11.) Infrastrukturprojekte stimulieren die Nachfrage nach Treibstoff

Um die wirtschaftlichen Folgen von Corona abzufedern, haben sowohl die Amerikaner, die Europäer als auch die Asiaten Infrastrukturprojekte angekündigt. Wenn diese angekündigten Projekte erst einmal realisiert werden, kann sich dies spürbar auf die Nachfrage nach Treibstoff auswirken. Wovon wiederum Produktentanker und zum Teil auch Rohöltanker profitieren.

12.) Robert Bugbee kaufte Call-Options

Der Direktor und Präsident von Scorpio Tankers Robert Bugbee nahm im März und Junl jeweils 2 Mio. USD in die Hand und kaufte damit Call Options. Die im März erworbenen Optionen laufen bis Januar 2021 und haben einen Basispreis von 15,00 USD pro Aktie. Die im Juli erworbenen Optionen laufen größtenteils bis Januar 2022 und haben einen Basispreis von 18,00 USD pro Aktie.

Der Präsident von Scorpio Tankers Robert Bugbee hat im März Call-Options erworben
Robert Bugbee erwarb im März Call Options (Quelle: https://scorpiotankers.gcs-web.com/static-files/dd6ec2e5-2fcf-48da-af57-866c0db51d7c)
Der Präsident von Scorpio Tankers Robert Bugbee hat im Juli weitere Call-Options erworben
Robert Bugbee kaufte im Juli weitere Call Options (Quelle: https://scorpiotankers.gcs-web.com/static-files/3f260822-e7d3-4cbe-a27f-3b1a252b2701)

Verblüffenderweise wurde diese Käufe von vielen Investoren und Kommentatoren als negativ aufgefasst, was ich persönlich nicht ganz nachvollziehen kann:

Robert Bugbee hat 4 Mio. USD in die Hand genommen, mit dem Risiko den gesamten Einsatz zu verlieren. Er muss schon sehr davon überzeugt sein, dass Scorpio Tankers drastisch unterbewertet ist bzw. in den kommenden Monaten steigen wird. Wäre er davon nicht überzeugt, hätte er wohl kaum einen auch für ihn spürbaren Betrag investiert (!)

Keine Verwässerung (!) 

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Verwässerung: Aktuell glauben viele Investoren, dass Scorpio Tankers eine weitere Kapitalerhöhung durchführen wird und bereits bestehende Aktionäre  verwässert – Bugbees Kauf hat den berechtigten Kritikpunkt jedoch weitestgehend entkräftet: Warum sollte ein Insider auf steigende Kurse wetten, wenn man gleichzeitig eine Kapitalerhöhung plant? – dies macht einfach keinen Sinn (!)

Scorpio Tankers: Schlussfazit

Bei Tanker-Aktien und besonders bei der Scorpio Tankers Aktie ist aktuell bereits sehr viel Negatives eingepreist. Sollten sich die Charterraten in den kommenden Wochen und Monaten besser entwickeln als aktuell angenommen (eingepreist), könnte dies zu einer Neubewertung der Aktie führen.

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