Die Semperit Aktiengesellschaft ist eines der ältesten börsennotierten Unternehmen Österreichs und seit mehr als 190 Jahre ein führender Anbieter von Qualitätsprodukten aus Natur- und Synthese-Kautschuk. Über die Jahre musste sich das Unternehmen immer wieder neu erfinden um in der dynamischen Gummindustrie bestehen zu können. Ob es nun der Wiederaufbau nach den beiden Weltkriegen, die Zeit der Hyperinflation oder die Ölkrise 1973 war – der Konzern fand immer wieder einen Weg, um sich wie ein Phoenix aus der Asche zu erheben.
Der altehrwürdige Konzern steht heute erneut mit dem Rücken zu Wand – was man unschwer am Kursverlauf der Semperit Aktie erkennen kann. Die Aktie steht auf dem tiefsten Niveau seit der Jahrtausendwende. Ob die Semperit Aktie ein erneutes Comeback feiern kann, dass erfahren sie in folgendem Artikel:
Überlick der Semperit Aktiengesellschaft
Das Unternehmen vertreibt hochspezialisierte Produkte aus Natur- und Synthesekautschuk, welche in den Sektoren Industrie und Medizin Anwendung finden. Dabei entfallen zwei Drittel des Umsatzes auf den Industrie- und ein Drittel auf den Medizinsektor.

Obwohl das Unternehmen in beiden Sektoren eine gute Markstellung hat, kämpft es mit der Rentabilität. Dies veranlasste das Management im Jahr 2017 dazu, einen Transformationsprozess einzuleiten. Dieser wurde im Jahr 2018 nochmals intensiviert – was auf einem zunehmenden Wettbewerbsdruck zurückzuführen ist.
Restrukturierung der Semperit AG
Das Ziel der Restrukturierung ist es die Rentabilität zu erhöhen und die Komplexität zu mindern. Die drei Industriesegmente Semperflex, Sempertrans und Semperform konnten bereits erfolgreich restrukturiert werden, während man im Medizinsegment Sempermed noch an einem Turnaround arbeitet.
Restrukturierung der Industriesparte
Die Restrukturierung in der Industriesparte ging relativ schnell über die Bühne: Das Management ging her, identifizierte unrentable Werke verkaufte diese anschließend. Dadurch konnte man die noch bestehenden Werke besser auslasten und die Verwaltungskosten weiter reduzieren. Dies machte sich auch im Geschäftsjahr 2019 (Q1-Q3 2019) bemerkbar, wo man trotz eines Umsatzrückganges und steigenden Rohstoffpreisen, dass EBITDA um 34% und das EBIT um 56% steigern konnte.

Restrukturierung des Medizinsegments
Das Unternehmen ist ein führender Produzent von Untersuchungs-, Schutz- und Operationshandschuhen. Die Untersuchungs- und Schutzhandschuhe werden in Malaysia gefertigt – die Operationshandschuhe im Stammwerk in Wimpassing (Österreich). Beiden Sparten gelingt es nicht ein positives Ergebnis (EBIT) zu erwirtschaften und das seit nun mehr als drei Jahren.
Dies wirkt sich (a) negativ auf die Gesamtrentabilität des Konzerns aus und (b) führt es zu erheblichen Wertminderungen. In den letzten drei Jahren wurden insgesamt mehr als 100 Mio. EUR an Vermögenswerten außerplanmäßig abgeschrieben, wovon alleine 47 Mio. EUR. im Geschäftsjahr 2019 anfielen.
Nicht nur Vermögenswerte wurden im Jahr 2019 abgeschrieben, sondern auch der Umsatz war rückläufig. In den ersten neun Monaten ging der Umsatz im Medizinsegment um 5% zurück. Dies ist auf das Teilsegment Untersuchungs- und Schutzhandschuhen in Malaysia zurückzuführen, wo man Umsatzeinbußen von mehr als 10% verzeichnete. Dies konnte teilweise vom Operationshandschuh-Geschäft kompensiert werden. Nichtsdestotrotz mangelt es beiden Teilsegmenten an Rentabilität.

Gründe für die mangelnde Rentabilität
Die mangelnde Rentabilität ist darauf zurückzuführen, dass das Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist (!). Warum ist das Unternehmen nicht mehr Wettbewerbsfähig?
Man hat in den letzten Jahren, schlicht und einfach, zu wenig in die Automatisierung und den Kapazitätsausbau investiert. Dadurch hat man den Anschluss an die Konkurrenz verloren, welche plötzlich deutlich günstiger produzieren können, als die Semperit AG.
Für die kommenden Monate rechnet man mit noch katastrophaleren Ergebnissen wie bisher. Das Management verkündete nämlich, dass der Auftragseingang im zweiten Halbjahr 2019 deutlich unter dem des ersten Halbjahres lag. Auf diese Nachricht reagiert die Börse sehr negativ und strafte die Semperit Aktie weiter ab.
Fazit: Es gibt nur zwei Auswege aus diesem Schlamassel, entweder man investiert große Summen um die Medizinsparte wieder wettbewerbsfähig zu machen, oder man verkauft sie. Das Management entschied sich für die zweite Option.
Warum die Semperit Aktie von einem Verkauf der Medizinsparte profitiert?
Am 28 Jänner 2020 hat das Management verkündet, dass sie sich vom Medizingeschäft trennen werden. Ein Exit wirkt sich gleich auf mehreren Ebenen positiv auf das Unternehmen aus.
Positive Auswirkungen
- Schuldenabbau
- Anstieg der Gewinne
- weniger personalintensiv
- Wiederaufnahme der Dividendenzahlung
Schuldenabbau
Aktuell hat das Unternehmen eine Nettoverschuldung von 70 Mio. EUR. Wenn man die Medizinsparte inklusive dessen Schulden verkauft, reduziert man auch die Nettoverschuldung des Konzerns. Was (a) zu niedrigen Zinskosten und (b) zu einer höheren Bewertung an der Börse führen könnte.
Anstieg der Gewinne
Erst wenn die Verluste der Medizinsparte wegfallen, sieht man wie hochprofitabel das Industriesegment eigentlich wirtschaftet. Ein Wegfall der Medizinsparte könnte somit die Börse dazu veranlassen, die Semperit Aktie neu zu bewerten.
Weniger personalintensiv
Obwohl der Sektor Medizin nur für ein Drittel des Gesamtumsatzes aufkommt, entfallen 46% aller Mitarbeiter auf diesen Sektor. Durch den Verkauf könnte man die Mitarbeiterstruktur verschlanken und dadurch weiter Kosten einsparen.
Wiederaufnahme der Dividendenzahlung
Die Dividendenpolitk von Semperit sieht vor, dass 50% der Gewinne (falls vorhanden) als Dividende ausgeschüttet werden. Durch den Verkauf der Medizinsparte würde man (a) extra Cash generieren und (b) wieder Schwarze Zahlen schreiben. Beides könnte sich als Auslöser entpuppen, um die Dividendenzahlung wieder aufzunehmen – was sich wiederum positiv auf die Semperit Aktie auswirken würde.
Schlussfazit zur Semperit Aktie
Die erfolgreiche Restrukturierung der Industriesparte wird aktuell noch von den negativen Entwicklungen der Medizinsparte überschattet. Wenn man jedoch den Medizinsektor erfolgreich verkauft, dann würde die Industriesparte in neuem Glanz erstrahlen und zu einer Neubewertung der Aktie beitragen.