StealthGas: Dornröschenschlaf oder Value Trap?

StealthGas: Dornröschenschlaf oder Value Trap?

Überblick: Erwacht die Aktie aus dem Dornröschenschlaf?

Die griechische Reederei StealthGas ist im lokalen Flüssiggasumschlag tätig und profitiert von starkem Rückenwind. Trotz des positiven Marktumfeldes wird das Unternehmen absurd niedrig bewertet und dümpelt vor sich hin – was sich in den kommenden 12-18 Monaten jedoch ändern kann.

  • Massive Unterbewertung: Eine sofortige Liquidation des Unternehmens würde 7,50 USD pro Aktie erwirtschaften – der Aktienkurs dagegen beläuft sich auf lediglich 3,30 USD. Bei einer Liquidation würde man somit seinen Einsatz nahezu risikolos verdoppeln (!).
  • Aufklaffende Angebots- & Nachfrage-Lücke: Das kleine Flüssiggastankersegment steuert auf eine aufklaffende Angebots- und Nachfrage-Lücke zu – während das Angebot an Schiffen sinkt, nimmt die Nachfrage weiter zu.
  • 25% Free-Cash-Flow Rendite: In den letzten Jahren wurde die Free-Cash-Flow Rendite durch ein exzessives Flottenerneuerungsprogramm verfälscht. Heute beläuft sich die FCF-Rendite auf 25%, dennoch wird das Unternehmen weiterhin so bewertet wie vor ein paar Jahren.
  • Neu, neuer am neuesten: Die griechische Reederei hat die größte und modernste Flotte in deren Branche.
  • Hoher Cash-Bestand: Das Unternehmen hat einen sehr niedrigen Verschuldungsgrad und obendrein auch noch 80 Mio. USD in Cash – wohlgemerkt bei einer Marktkapitalisierung von lediglich 130 Mio. USD.

 

Die Analyse ist wie folgt strukturiert:

  • Überblick
  • Geschäftsmodell
  • Angebot & Nachfrage
  • Bewertung
  • Chancen und Risiken
  • Schlussfazit

Überblick:

Die griechische Reederei StealthGas ist im lokalen Flüssiggasumschlag tätig und wurde von Harry Vafias dem Sohn einer griechischen Schifffahrtsdynastie gegründet.

Harry Vafias startete seine Karriere im Jahr 2000, wo er mit 4 Mio. USD die Tankerreederei Stealth Maritime gründete. Im Jahr 2005 verkaufte er Stealth Maritime für 400 Mio. USD – womit er seinen Einsatz verhundertfachte (!)

Anschließend gründete er StealthGas, welche innerhalb weniger Jahre zum führenden Unternehmen im kleinen Flüssiggastankersegment aufstieg. Harry Vafias entschied sich bewusst für diese Marktnische, da sie im Vergleich zu anderen Schifffahrtssegmenten nicht so schwankungsintensiv ist.

Dies erlaubte es einem die Finanzkrise 2007/2008 unbeschadet zu überstehen – nichtsdestotrotz war der Ballon geplatzt – niemand interessierte sich mehr für Schifffahrtsaktien und erst recht nicht für Nischenanbieter wie StealthGas. Seit dem dümpelt die Aktie vor sich hin und wartet auf eine erneute Kursexplosion – was in den kommenden 12-18 Monaten möglicherweise der Fall sein könnte.

Der Grund dafür sind gleich mehrere Katalysatoren unterschiedlicher Natur. Der Katalysator mit der größten Tragweite ist die aufklaffende Angebots- & Nachfrage-Lücke, welche zu weiter steigenden Charterraten führen kann. Steigende Charterraten führen wiederum zu exponentiell steigenden Gewinnen.

Um dies richtig einzuordnen zu können: In der Schifffahrt reicht schon ein kleines Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aus um die Charterraten in die Höhe schnellen zu lassen – was sowohl großes Potential, aber auch Risiken birgt.

Bevor wir uns mit der griechischen Reederei und den spezifischen Katalysatoren beschäftigen, müssen wir uns zuerst mit dem Flüssiggastankersegment im Allgemeinen befassen.

Das Flüssiggastankersegment

Im Flüssiggastankersegment unterscheidet man zwischen LPG (Liquefied Petroleum Gas) und LNG (Liquefied Natural Gas). StealthGas ist im LPG Segment tätig.

Bei LPG handelt es sich um ein Erdöl-Nebenprodukt, welches bei der Erdöl-/Erdgas-Förderung und Raffination anfällt. LPG kann bei Umgebungstemperatur und geringem Überdruck verflüssigt werden – was es einem erlaubt LPG relativ einfach zu transportieren z.B. via Lastkraftwagen, Zug oder Schiff.

Während man früher LPG an Ort und Stelle abfackelte, hat es heute viele verschiedene Einsatzgebiete:

  • zum Kochen
  • zum Heizen
  • zum Grillen
  • zur Stromerzeugung
  • als Treibstoff (Autogas)
  • als Kühlmittel
  • als Medium für Heißluftballons
  • als Haarspray
  • zur Kunststoffherstellung

 

LPG Nachfrage Tortendiagramm
Der LPG Verbrauch verteilt sich auf folgende Sektoren (Quelle: https://www.stealthgas.com/lpg-a-growing-global-market-investor-relations-130.html)

 

Wie man an der oberen Grafik erkennen kann, werden heute beinahe 50% des weltweiten Flüssiggases von Haushalten konsumiert. Haushalte nutzen den fossilen Energieträger zum Heizen und Kochen. Der Großteil der Haushalte befindet sich im asiatischen Raum.

Der asiatische Raum ist nicht nur der größte Abnehmer für LPG in Haushalten, sondern auch in der Wirtschaft. Die größten Abnehmer von LPG sind China, Indien und Japan. In den letzten Jahren haben China und Indien ihren LPG Konsum drastisch gesteigert, was (a) auf das starke Wirtschaftswachstum und (b) auf politische Entscheidung zurückzuführen ist.

Die Nachfrage nach LPG ist in Indien und China signifikant angestiegen
LPG Nachfrage aus Indien und China (Quelle: StealthGas Q3 2018 Presentation)

Politische Entscheidung

Die politische Entscheidung mit der größten Tragweite war/ist die Subventionierung von LPG als Koch- und Heizmedium. Damit wollen China und Indien ihre Umwelt- und Luftverschmutzung unter Kontrolle bringen, denn Flüssiggas (sowohl LPG, als auch LNG) ist der fossile Energieträger mit der besten Umweltbilanz.

Bevor man LPG subventionierte nutzte man in vielen asiatischen Regionen noch Kohle und Torf als Heiz- und Kochmedium.

LNG findet primär dort Anwendung, wo es eine bereits bestehende Gas-Infrastruktur gibt. LPG dagegen, wird dort verwendet wo es dies nicht gibt. Der Grund dafür: LPG ist im Vergleich zu LNG einfacher zu transportieren und zu lagern. Man kann es in Gasflaschen und Gaskartuschen aufbewahren, was bei LNG nicht möglich ist.

Wie wird LPG wirtschaftlich genutzt?

Liquefied Petroleum Gas, so der offizielle Name, wird auch wirtschaftlich genutzt. Der Löwenanteil davon entfällt auf die Herstellung von Polypropylen, dem zweithäufigst verwendeten Kunststoff der Welt. In den kommenden Jahren ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage nach Polypropylen weiter steigen wird – wovon StealthGas ebenfalls profitieren dürfte (mehr dazu im Kapitel Nachfrage).

Geschäftsmodell: StealthGas

Das Geschäftsmodell von StealthGas ist relativ einfach erklärt: Die griechische Reederei vermietet Flüssiggas- und Öltanker an Kunden. Die dabei generierte Miete (Daily Charter Rates) kann starken Schwankungen unterliegen. Die höhe der Miete setzt sich aus Angebot & Nachfrage zusammen. Umso weniger Schiffe verfügbar sind, desto höher sind die Charterraten.

Die Flüssiggastanker sind das Kerngeschäft des Unternehmens, während die relativ kleine Öltanker-Flotte eine Sondersituation darstellt. Die Sondersituation wird im Kapitel „Tanker-Katalysator“ genauer beleuchtet.

Lokaler Flüssiggasumschlag

Die Aufgabe ist es, dass importierte Flüssiggas an die einzelnen Verbraucher zu verteilen. Hierbei werden nahezu ausschließlich kleine und mittelgroße Flüssiggastanker eingesetzt.

Größere Tanker sind für diese Aufgabe gänzlich ungeeignet:

  • sie können den Großteil aller Häfen nicht anlaufen
  • sie können nicht wenden, da ihr Wendekreis zu groß ist
  • sie können keine Flüsse hochfahren
  • kaum ein Verbraucher benötigt so große Mengen um einen großen Tanker auszulasten

StealthGas betreibt den lokalen Flüssiggasumschlag nicht selbst sondern vermietet seine Schiffe an sogenannte Charterer, welche „Mietkosten“ an StealthGas abführen. Hierbei unterscheidet man zwischen drei Arten von Charter-Strategien:

  • Voyage Charter
  • Time Charter
  • Bareboat Charter

Voyage Charter (Spot Market)

Das Schiff wird für eine Reise von A nach B gebucht. Der Eigentümer des Schiffes kommt für alle Kosten inklusive Treibstoff-, Hafen- und Kanalkosten auf.

Fazit: Eine Voyage Charter-Strategie ist die mit den höchsten Risiken aber auch Chancen.

Time Charter

Das Schiff wird für einen längeren Zeitraum an den Charterer vermietet. Der Charterer zahlt dem Schiffseigentümer eine im Vorhinein festgelegte Miete und muss obendrein noch für die variablen Kosten wie Treibstoff-, Hafen- und Kanalkosten aufkommen. Dadurch kann der Schiffseigentümer das Risiko reduzieren – lässt jedoch auch Chancen liegen.

Fazit: Eine Time Charter-Strategie eignet sich sehr gut um einen langfristigen und relativ stabilen Cash Flow zu generieren.

Bareboat Charter

Das Schiff wird für einen längeren Zeitraum an den Charterer vermietet. Welcher neben den variablen Kosten auch noch für die Crew-, Versicherungs- und Verpflegungskosten aufkommen muss. Der Schiffseigentümer bekommt eine niedrigere Miete als unter einem Time Charter Vertrag – muss sich jedoch um gar nichts mehr kümmern.

Fazit: Die Bareboat Charter-Strategie ähnelt der Time Charter-Strategie nur mit einem noch geringerem Risiko.  Sie eignet sich ebenfalls gut um langfristig Cash Flow zu generieren.

Schlussfazit Charter-Strategien: Alle drei Strategien habe ihre Vor- und Nachteile. Welche Strategie nun die richtige ist kann man nicht pauschal beantworten, da dies von mehreren Faktoren abhängig ist.

  • Risikoprofil des Unternehmens bzw. Investors
  • Zeitpunkt im Zyklus
  • jeweiliges Segment
  • Alter des Schiffes

Charterstrategie StealthGas

Das Unternehmen verfolgt eine langfristig konservative Charter-Strategie. Man ist vor allem im Bareboat und Time Charter Markt positioniert. Ein kleiner Teil der Flotte ist jedoch auch im Sport Markt aktiv um von möglichen Upsides zu profitieren.

Die langfristig ausgelegte Charter-Strategie gibt dem Unternehmen Planungssicherheit (zumindest für Schifffahrtsverhältnisse), da man bereits im Vorhinein weiß wie hoch die zukünftigen Erträge ausfallen. Außerdem ist man von kurzfristigen Marktschwankungen entkoppelt und kann temporäre Krisen gut überstehen.

Zu Jahresende hat das Management bekanntgegeben, dass bereits 53% der Flotte für 2020 verchartert sind. Dadurch weiß man bereits heute wie viel Geld die Hälfte der Flotte erwirtschaften wird. Was das Risikoprofil von StealthGas, im Vergleich zu anderen Schifffahrtsaktien, deutlich reduziert.

Fleet Employment 2020 StealthGas
Fleet Employment StealthGas (Quelle: StealthGas Q3 2019 Presentation)

 

StealthGas EBITDA Prognose für 2020
Voraussichtliches EBITDA für 2020 (Quelle: StealthGas Q3 2019 Presentation)

Für das Jahr 2020 rechnet man mit einem EBITDA von mindestens 62 Mio. USD. Hierbei handelt es sich um das Worst Case Szenario. Wenn die entsprechenden Katalysatoren tatsächlich eintreten, dann ist mit einem höheren EBIDTA zu rechnen.

Um die absurde Bewertung von StealthGas greifbar zu machen: Die aktuelle Marktkapitalisierung liegt bei 130 Mio. USD – womit das Unternehmen zu 2x EBITDA gehandelt wird.

Fazit: Das Unternehmen verfolgt eine konservative Charterstrategie mit langfristiger Planungssicherheit, trotzdem wird das Unternehmen zu lediglich 2x EBITDA gehandelt (!).

Die Flotte von StealthGas

Die Flüssiggastankerflotte besteht aus 50 kleinen und mittelgroßen Schiffen. Davon sind 45 zu 100% im Besitz von StealthGas und 5 weitere in einem Joint Venture, wo das Unternehmen 51% hält.

Obendrein besitzt man auch noch vier Öltanker. Hierbei handelt es sich um drei MR Produktentanker und einen Aframax Rohöltanker.

Tanker-Katalysator

Das Unternehmen betreibt nicht nur Flüssiggastanker, sondern auch vier Öltanker. Die Öltanker wurden nach der Finanzkrise 2007/2008 billig erworben und könnten sich in den kommenden Monaten als Katalysator entpuppen.

Der Grund dafür sind die auslaufenden Time-Charter Verträge, welche durch lukrativere ersetzt werden könnten.

Vertragserneuerung Öltanker
Auslaufdatum der Charter-Verträge (Quelle: StealthGas Q3 2019 Presentation)

Der Aframax Tanker Stealth Berana hat dabei am meisten Potential, da er (a) im aktuell heißesten Segment tätig ist und (b) sein Charter-Vertrag bereits im März 2020 ausläuft. Würde man den Aframax Tanker im aktuellen Marktumfeld neu verchartern (langfristig), dann könnte man zwischen 4-7 Mio. USD zusätzlich erwirtschaften. Diese 4-7 Mio. USD könnten als reiner Gewinn verbucht werden, da die langfristiger Charterverträge der Flüssiggastanker +- 0 sichern.

Wenn man sich mit der Historie Harry Vafias beschäftigt, dann ist auch ein Verkauf der Tankerflotte,oder zumindest einzelner Schiffe nicht ausgeschlossen.

Kommen wir nun wieder zum Kerngeschäft des Unternehmens – wo auch das größte Potential über die nächsten 12-18 Monate steckt.

Flüssiggastanker

Das Unternehmen betreibt die größte und modernste Flotte im kleinen Flüssiggassegment.

Durch ein abgeschlossenes Flottenerneuerungsprogramm (2018 abgeschlossen) und dem Verkauf von alten Schiffen konnte man das Durchschnittsalter auf 8,7 Jahre senken. Damit hat man die jüngsten und treibstoffeffizienteste Flotte.

Durchschnittsalter der StealthGas Flotte im Vergleich zum Durchschnittsalter in der Branche
Die StealthGas Flotte ist deutlich jünger als der Branchendurchschnitt (Quelle: eigene Auswertung)

Dies ist in Bezug auf IMO 2020 ein Vorteil: Das neue Gesetz schreibt nämlich vor, dass man ab dem Jahr 2020 nur mehr Treibstoff mit max. 0,5% Schwefelgehalt tanken darf. Bis 2020 durfte man noch Treibstoff mit bis zu 3,5% Schwefelgehalt tanken – sogenanntes Schweröl.

Schweröl ist ein Abfallprodukt welches bei der Erdölraffinierung anfällt. Da es kaum alternative Einsatzgebiete hat, ist es auch verhältnismäßig günstig. Der neue Treibstoff ist im Vergleich dazu teurer – was daran liegt, dass er auch alternative Einsatzgebiete hat (die Nachfrage ist größer).

Es gibt zwei Wege um von steigenden Treibstoffpreisen zu profitieren. Option 1 ist die Installation von Abgasreinigungsanlagen (Scrubber) wodurch man weiterhin das billige Schweröl tanken kann. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Übergangslösung und setzt voraus, dass man (a) ein großes Schiff hat und (b), dass der alte Treibstoff (Schweröl) auch weiterhin dort angeboten wird wo man operativ tätig ist.

Beides ist im kleinen Flüssiggastankersegment nicht der Fall, somit bleibt nur Option 2. Option 2 ist eine treibstoffeffizientere/modernere Flotte – was bei StealthGas der Fall ist.

Warum profitiert eine treibstoffeffizientere Flotte von höheren Treibstoffpreisen?

Bei steigenden Treibstoffpreisen nimmt die Ineffizienz von alten Schiffen zu – was dazu führt, dass mehr alte Schiffe vom Markt verschwinden und verschrottet werden. Dies wiederum wirkt sich positiv auf Angebot & Nachfrage aus und lässt die Charterraten der verbleibenden Schiffe steigen.

Fazit: StealthGas ist ein langfristiger Profiteur von IMO 2020, da es sich hierbei um einen Katalysator handelt welche alte Tonnage vom Markt nimmt.

Angebot & Nachfrage

Die Schifffahrtsbranche ist Angebot & Nachfrage in seiner reinsten Form. Schon eine kleines Ungleichgewicht, kann signifikante Marktschwankungen verursachen.

Angebot

In den letzten 10 Jahren litt nahezu jedes Segment unter einem chronischen Überangebot an Schiffen. Was auf folgende Umstände und Entwicklungen zurückzuführen ist:

  • Niedrigzinspolitik
  • Ein Überangebot an asiatischen Werften, welche mit niedrigen Preisen das Angebotswachstum stimulierten.
  • Eine extrem diversifizierte Branche ohne Major Player, welcher das Angebot regulieren könnte.

Wie beseitigt man ein Überangebot an Schiffen?

Ein Überangebot an Schiffen kann durch folgende Maßnahmen und Entwicklungen beseitigt werden:

Fazit: Wie bereits oben besprochen wurde, kann IMO 2020 ein Katalysator sein welcher die Abwrackung von alter Tonnage beschleunigt. Wenn plötzlich viele Schiffe vom Markt verschwinden, sinkt das Angebot – was sich wiederum positiv auf die Charterraten auswirkt.

Hinweis: Steigende Charterraten wirken sich exponentiell auf den Gewinn aus.

Angebotsseite des kleinen Flüssiggastankersegmentes

Das kleine Flüssiggastankersegment (3.000 – 8.000 cbm) befindet sich in einer einmaligen Situation, da das Flottenvolumina (Anzahl an Schiffen * Tonnage) in den kommenden 2-3 Jahren nicht zunehmen, sondern abnehmen wird. Dies ist auf zwei Gründe zurückzuführen:

  • ein fast leeres Auftragsbuch
  • erhöhte Abwrackung von alter Tonnage
Erhöhte Abwrackung von alter Tonnage

Mehr als ein Viertel der gesamten Flotte ist über 20 Jahre alt und nähert sich somit dem Ende ihres Lebenszyklusses. Das neue Treibstoffgesetz IMO 2020 kann die erwartete Abwrackung noch beschleunigen, da mit steigenden Treibstoffpreisen die Ineffizienz von alten Schiffen zunimmt.

Neben IMO 2020 tritt auch das neue Ballastwasser-Übereinkommen in Kraft. Welches ab Jänner 2020 vorschreibt, dass alle Schiffe mit einer Ballastwasseraufbereitungsanlage ausgestattet sein müssen. Bereits im Einsatz befindliche Schiffe müssen, falls noch nicht vorhanden, eine Ballastwasseraufbereitungsanlage so schnell wie möglich nachrüsten. Bei alten Schiffen ist eine Investition wie diese, nicht mehr wirtschaftlich – was ebenfalls die Abwrackung stimuliert.

Aufgrund der alten Flotte ist in den kommenden Jahren mit einer erhöhten Abwrackung zu rechnen
Mehr als ein Viertel der Flotte ist über 20 Jahre alt (Quelle: StealthGas Q3 2019 Presentation)
Ein fast leeres Auftragsbuch

Aktuell befinden sich kaum neue Schiffe im Bau – was im aktuellen Marktumfeld einzigartig ist. In den nächsten zwei Jahren werden lediglich 12 neue Schiffe erwartet – wodurch man die erhöhte Abwrackung von alter Tonnage wahrscheinlich nicht kompensieren kann.

Das Auftragsbuch des kleinen Flüssiggastankersegmentes ist fast leer
In den nächsten zwei Jahren werden nur 12 neue Schiffe ausgeliefert (Quelle: StealthGas Q3 2019 Presentation)

 

Der Mangel an neuen Schiffen ist auf folgende Gründe und Entwicklungen zurückzuführen:

  • Kleine Flüssiggastanker werden nicht in chinesischen sondern ausschließlich in koreanischen und japanischen Werften gefertigt. Der Grund dafür ist, dass das Absatzvolumen von kleinen Flüssiggastankern nicht ausreicht um das Interesse chinesischer Werften zu wecken.
  • Immer mehr Banken ziehen sich aus der Schiffsfinanzierung zurück und nehmen nur noch die großen Reedereien als Kunden. Dies macht es für kleine Reedereien deutlich schwieriger eine attraktive Finanzierung zu bekommen.
  • Kleine Schiffe sind im Vergleich zu großen Schiffen nicht so rentabel, da sie nicht von Skaleneffekten profitieren. Dadurch ist auch das Interesse an diesem Sektor geringer.
  • Die Anschaffungskosten für kleine Flüssiggastanker sind in den letzten Jahren nicht gesunken, wie es in vielen anderen Segmenten der Fall war. Zurückzuführen ist dies auf die begrenzte Werftkapazitäten.
  • Aufgrund der begrenzten Kapazitäten und dem noch nicht so hoch automatisierten Fertigungsprozess dauert es zwischen 2-3 Jahren bis ein Flüssiggastanker fertig ist – was im Vergleich zu anderen Segmenten überdurchschnittlich lange ist.
  • Der Handelskrieg hat ebenfalls seinen Beitrag geleistet, da dadurch Investitionsprojekte weiter aufgeschoben wurden.

Nachfrage

Kommen wir nun von der Angebots- zur Nachfrageseite. In den letzten 10 Jahren hat sich die Nachfrage nach LPG im asiatischen Raum mehr als verdoppelt – dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von ca. 8%.

Die größten LPG Märkte sind China, Indien, Japan und Südkorea. In den Jahren 2020 und 2021 ist mit einem weiteren Wachstum zu rechnen. Die erwartete Wachstumsrate liegt bei  ca 8% jährlich.

Der Großteil dieses Wachstums entfällt auf neue Polypropylen-Anlagen in China. Nicht nur in Asien entstehen neue Polypropylen-Anlagen, sondern auch in Europa – welche ebenfalls die Nachfrage stimulieren.

In den letzten Jahren hat die LPG Nachfrage aus Asien stark zugenommen
LPG Nachfrage aus Asien (Quelle: StealthGas Q3 2019 Presentation)

 

Schlussfazit Angebot & Nachfrage

Das kleine Flüssiggassegment profitiert von starkem Rückenwind und steuert auf eine aufklaffende Angebots- & Nachfrage-Lücke zu.

Während das Angebot rückläufig ist, nimmt die Nachfrage zu. Nur um den Status Quo aufrecht zu erhalten, müsste das Auftragsbuch mind. 20% betragen – es beträgt jedoch lediglich 3,5%.

Unter Berücksichtigung dessen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Charterraten weiter steigen werden. Wovon StealthGas exponentiell profitieren dürfte.

Bewertung

Bewertung des Unternehmens
Überblick und Bewertung (Quelle: eigene Auswertung, StealthGas Q3 2019 Press Release)

 

Schifffahrtsgesellschaften sind in einem zyklischen und kapitalintensiven Markt tätig. Ihre Erträge schwanken von Jahr zu Jahr und Gewissheit ist ein Fremdwort. All dies trägt dazu bei, dass herkömmliche Bewertungsverfahren kaum aussagekräftige sind.

Eine der wenigen relevanten Bewertungsziffern ist das Kurs-Liquidationswert-Verhältnis, oder in Schifffahrtskreisen auch NAV (Net Asset Value) genannt.

Das Kurs-Liquidationswert-Verhältnis gibt Auskunft, wie viel Geld man als Aktionär bekommt, wenn das Unternehmen sofort liquidiert wird.

Der NAV lässt sich in der Schifffahrt relativ einfach ermitteln, da der An- und Verkauf von Schiffen ein liquider und transparenter Markt ist – man weiß somit jederzeit wie viel ein Schiff wert ist.

Herrscht eine große Diskrepanz zwischen Börsenwert und Liquidationswert ist dies oft ein Indikator für eine Unterbewertung.

Berechnung des Liquidationswertes

Der Liquidationswert berechnet sich wie folgt:

Wie man sehen kann wird hier nicht der Buchwert sondern der aktuelle Flottenwert herangezogen. Dies beruht darauf, dass der Buchwert nicht aussagekräftig ist. Was daran liegt, dass die Preise für Neubauten stark schwanken können. Wenn man z.B. in einem guten Marktumfeld ein Schiff erwirbt, dann ist der Kaufpreis höher als wie in einem schlechten Marktumfeld.

Hinweis: In den letzten 10 Jahren sind die Preise für fast alle Neubauten, mit Ausnahme der kleinen Schifffahrtssegmente, gesunken.

Was darauf zurückzuführen ist, dass sich der Wettbewerb intensivierte: China stampfte gleich mehrere Mega-Werften aus dem Boden, welche auch noch subventioniert wurde. Diese Flut an neuen Werften hatte eine deflationäre Preisentwicklung auf große Schiffe.

Da die chinesischen Werften noch nicht im kleinen Flüssiggastankersegment tätig sind, gibt es hier auch noch keine deflationäre Preisentwicklung. Ob dies weiterhin so sein wird, bleibt abzuwarten.

Aktueller Liquidationswert

Im 3. Quartal 2019 schätzte die amerikanische Investmentbank Jefferies den NAV von StealthGas auf 7,50 USD pro Aktie – womit der NAV deutlich über dem aktuellen Kurs von 3,30 USD liegt.

Würde man das Unternehmen rein theoretisch heute übernehmen und liquidieren, könnte man seinen Einsatz quasi nahezu risikolos verdoppeln.

Operative Wege um die Lücke zwischen NAV und Aktienkurs zu schließen

Im Jahr 2019 hat das Management operative Initiativen gestartet um die Lücke zwischen NAV und Aktienkurs zu schließen.

Verkauf von älteren Schiffen

Nachdem man im Jahr 2018 ein Flottenerneuerungsprogramm abgeschlossen hat, begann man im Jahr 2019 alte Schiffe zu verkaufen. Dadurch konnte man (a) das Durchschnittsalter der Flotte senken und (b) der Börse zeigen, dass die Flotte mehr wert ist als die aktuelle Bewertung vermuten lässt.

Beispiel: Wenn man ein Schiff verkauft, welches von der Börse mit X bewertet wird – jedoch mehr als das doppelte von X einbringt, dann ist dies Zeichen an die Börse, dass deren Bewertung falsch ist.

Aktienrückkäufe

Im zweiten Quartal 2019 hat das Unternehmen ein Aktienrückkaufprogramm gestartet. Das Volumen beläuft sich auf 10 Mio. USD.

Im 3. Quartalsbericht 2019 hat man bekanntgegeben, dass bereits Aktien im Wert von 1,4 Mio. USD zurückgekauft wurden. Dies entspricht ca. 1% aller ausstehenden Aktien. Das Unternehmen würde das Rückkaufprogramm gerne weiter beschleunigen, jedoch kaufen sie bereits das max. tägliche Volumen, welches die SEC erlaubt.

Aktienrückkäufe ergeben bei der aktuellen Bewertung von StealthGas sehr viel Sinn, da man (a) unter NAV gehandelt wird und (b) einen großen Cash-Bestand aufweist. Das Unternehmen hatte im 3. Quartal 2019 eine Cash-Position von mehr als 80 Mio. USD – und das bei einer Marktkapitalisierung von lediglich 130 Mio. USD.

Fazit: Das Unternehmen verkauft Schiffe zu NAV und kauft im gleichen Moment unterbewertete Aktien zurück. Dadurch kann man Shareholder Value generieren.

Warum wird das Unternehmen so absurd niedrig bewertet?

Ganz offensichtlich wird die Schifffahrtsbranche aktuell von der Börse gehasst. Viele Investoren, sowohl Privatanleger als auch institutionelle Investoren, haben sich in dieser Industrie bereits mehrmals die Finger verbrannt. Immer wenn die Trendwende ausgerufen wurde, stellte sich dies als Fehlalarm heraus.

Zudem lastet das sich abkühlende Wirtschaftswachstum und der Handelskrieg schwer auf der Branche.

Neben dieser allgemeinen Missbilligung sind auch noch unternehmensspezifische Gründe für die Fehlbewertung verantwortlich:

  • Geringe Liquidität – dadurch ist das Interesse von institutionellen Investoren begrenzt.
  • Das Unternehmen operiert in einer Nische, wo es keine direkt börsennotierten Mitbewerber gibt. Somit gibt es auch kaum Research Material, welches das Interesse von institutionellen Anlegern wecken könnte.
  • Die Kommunikation zwischen Aktionären und Unternehmen lässt zu wünschen übrig
  • Der langerwartete Turnaround stellte sich bisher immer als Fehlalarm heraus
  • Das Unternehmen weist aufgrund der hohen Abschreibung einen niedrigen Gewinn aus – was die Rentabilität des Unternehmens verfälscht.
  • StealthGas wirtschaftet sehr konservativ, was nicht jedem Investor gefällt.
  • Keine Dividende, obwohl man auf mehr als 80 Mio. USD in Cash sitzt.

Bewertung mit der indirekten Peergroup

StealthGas ist im Vergleich zu seinen indirekten Mitbewerbern deutlich günstiger bewertet, was möglicherweise auf die oben genannten Gründe zurückzuführen ist.

Die Bewertung von StealthGas im Vergleich zur Peergroup
StealthGas ist im Vergleich zu seiner indirekten Peergroup sehr günstig bewertet (Quelle: StealthGas Q3 2019 Presentation)

 

Was könnte zu  einer Neubewertung der Aktie führen?

Aktuell spricht einiges für eine Neubewertung:

  • Eine aufklaffende Angebots- & Nachfrage-Lücke, welche durch die beiden Katalysatoren (IMO 2020 & Ballast Water Treatment) nochmals beschleunigt wurde.
  • Der Tanker–Katalysator
  • Aktienrückkäufe
  • Wiederaufnahme der Dividendenzahlung
  • Verbesserte Kommunikation mit den Aktionären
  • Die Schifffahrtsbranche gewinnt nach einer langen Durststrecke wieder an Popularität
  • Durch das abgeschlossene Flottenerneuerungsprogramm konnte das Unternehmen seinen Free Cash Flow signifikant steigern. Dies wird von der Börse aktuell noch komplett ignoriert – könnte sich jedoch ändern.
  • Das Unternehmen wird wie ein extremer Zykliker bewertet obwohl man in einem Geschäftsfeld operiert, welches gar nicht so zyklisch ist.

Fazit: Das Unternehmen leidet aktuell gleich unter mehreren Wahrnehmungslücken, welche jede für sich einzeln eine Neubewertung einleiten könnte.

Chancen und Risiken des Unternehmens

Risiken

  • Zyklische Branche
  • Geringe Liquidität (es empfiehlt sich SteahltGas an der New York Stock Exchange zu kaufen)
  • Kein signifikanter Wettbewerbsvorteil
  • Von externen Faktoren abhängig
  • Entwicklung der Weltkonjunktur
  • Geringe Rentabilität
  • Anstieg der Zinsen
  • Die neuen Regulierungen entpuppen sich nicht als Katalysator
  • Gehebeltes Unternehmen (exponentiell steigende oder fallende Gewinne)
  • Insider Industrie

Chancen

  • Historisch günstige Bewertung
  • Sehr solide Bilanz und hoher Cash Bestand
  • Mehr als ein Viertel der Flotte nähert sich dem Ende ihrer Nutzungsdauer, was zu einer erhöhten Abwrackung von alter Tonnage führt.
  • Aufklaffende Angebots- & Nachfrage-Lücke
  • Kaum neue Kapazität im Bau
  • Steigende Nachfrage nach LPG
  • Gehebeltes Unternehmen (exponentiell steigende oder fallende Gewinne)
  • Die neuen Regulierungen entpuppen sich als Katalysator und beschleunigen die Abwrackung von alter Tonnage.
  • Steigende Charterraten
  • Geld wird an die Aktionäre zurückgegeben (Dividenden und Aktienrückkäufe)
  • Kann billiger wirtschaften als die Konkurrenz aufgrund der Skaleneffekte
  • Der CEO Harry Vafias ist ein guter Trader und hält 17% aller Aktien
  • Tanker-Katalysator

Schlussfazit

Die griechische Reederei ist trotz des starken Rückenwindes absurd niedrig bewertet. Dies kann sich in den kommenden 12-18 Monaten jedoch ändern und eine Kursrally einleiten.
 

Abonniere unseren Newsletter um eine kostenlose Rohstoff-Aktien Checkliste zu erhalten


 

Disclaimer

Mit dem Aufruf und/oder der Nutzung der Informationen dieser Website unterwirft sich der Nutzer den nachstehenden Bedingungen:

Die Inhalte dieser Website dienen ausschließlich zur Information und sind – sowohl nach österreichischem, als auch nach ausländischem Kapitalmarktrecht – weder ein Angebot noch eine Kauf- oder Verkaufsempfehlung. Jede konkrete Veranlagung sollte erst nach einem Beratungsgespräch erfolgen, da jede Anlageentscheidung der Abstimmung auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers, insbesondere hinsichtlich Ertrag, steuerlicher Situation oder Risikobereitschaft bedarf. Die in der konkreten Analyse dargestellte Markteinschätzung stellt jene des jeweiligen Analysten dar. Deep Value übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Inhalte und für das Eintreten von Prognosen. Deep Value haftet in keinem Fall für Verluste oder Schäden gleich welcher Art (einschließlich Folgeschäden oder entgangenen Gewinn). Angaben über die Wertentwicklung beziehen sich auf die Vergangenheit und stellen daher keinen verlässlichen Indikator für die zukünftige Entwicklung dar.

Mit Ausnahme der im § 17 E-Commerce-Gesetzes geregelten Fälle übernimmt Deep Value keinerlei Haftung für die Inhalte der mit dieser Website verknüpften Websites oder URLs anderer Betreiber. Ebenso wenig haftet Deep Value für ständige Verfügbarkeit oder volle Funktionalität von Linkverknüpfungen zu Websites oder URLs anderer Betreiber.

Schreibe einen Kommentar

Menü schließen