Vor rund zwei Jahren stürzte die Steinhoff Aktie ins Bodenlose – innerhalb weniger Tage brach der Aktienkurs um mehr als 90% ein und 13 Milliarden an Börsenwert wurden komplett ausgelöscht. Der Grund dafür: Ein Bilanzskandal wo zig Milliarden an Anlegergeldern veruntreut wurden.
Vor der Aufdeckung des Bilanzskandals galt der weit verstrickte Möbelkonzern, mit deutschen Wurzeln, noch als aufstrebender Stern in der Möbelindustrie. Durch immer neue Zukäufe verzeichnete der deutsch-südafrikanische Möbelriese rasantes Wachstum und stieg zum größten Konkurrent IKEA´s auf. Heute muss das Unternehmen um sein Überleben bangen und beinahe 10 Mrd. EUR. an Schulden abtragen.
Wie kam es dazu?
Die schnelle Expansion erlaubte es dem Steinhoff-Management Geld aus dem Unternehmen zu entwenden, ohne das es jemand mitbekam. Das Unternehmen zahlte für Übernahmen, Dienstleistungen und Gründstücke schlicht und einfach zu viel. Der dabei entstandene Unterschiedsbetrag, zwischen Kaufpreis und Reinvermögen, wurde anschließend in den beiden Bilanzposten Goodwill und Immaterielle Vermögenswerte verbucht. Kurz vor der Aufdeckung des Bilanzskandals, belief sich die die Bilanzsumme des weit verstrickten Konglomerats auf die astronomisch Summe von 32 Mrd. EUR., wovon alleine 16 Mrd. EUR. auf die beiden oben genannten Bilanzposten entfielen.
Nach Bekanntwerden des Skandals wurden die Bilanzen erneut durchgecheckt. Dabei stellte sich heraus, dass die Bilanz künstlich aufgebläht wurden.
Die Konsequenz: Sonderabschreibungen, welche das Eigenkapital des Konzerns vernichteten. Seit der Aufdeckung des Bilanzskandals wurden mehr als 10 Mrd. EUR. an Vermögenswerten (größtenteils Goodwill) abgeschrieben, was Steinhoff in eine schwierige Lage versetzte:
Der Konzern befindet sich mit dem Rücken zur Wand: Einerseits hat man ein negatives Eigenkapital, andererseits muss man Schulden in der Höhe von 10 Mrd. EUR abtragen und refinanzieren.
Das Kernproblem daran ist, dass Banken keine attraktive Refinanzierung anbieten, wenn keine Sicherheit in Form von Eigenkapital oder fixen Erträgen vorhanden ist. Nichts von beiden ist beim Konglomerat Steinhoff vorhanden, was folgende Frage aufwirft:
Kann der Steinhoff Konzern seine Schulden bedienen?
Diese Frage wird im Netz häufig diskutiert, dabei prallen zwei Fronten aufeinander: Die eine Gruppe ist der Meinung, dass der Möbelkonzern seine Schulden durch den Verkauf von Assets bedienen kann, während die andere Gruppe nicht an einen Turnaround glaubt.
Szenario 1: Steinhoff kann seine Schulden bedienen
Durch den Verkauf von Tochterunternehmen, Immobilien und Grundstücken kann der Möbelkonzern genügend Geld erwirtschaften oder Verbindlichkeiten auslagern um seine Schulden auf ein tragbares Niveau zu reduzieren. Falls dies gelingen sollte, kann man die Bankverbindlichkeiten refinanzieren und den aktuellen Wucher-Zinssatz von 10% auf ein bedienbares Niveau herunterschrauben.
Das Tochtertunternehmen Pepkor Europe ist dabei ein Schlüsselelement:

Börsengang von Pepkor Europe
Laut Medieninformationen erwägt der Möbelriese den Börsengang von Pepkor Europe. Das Tochterunternehmen betreibt 2700 Läden in Europa und konnte sich trotz der Schuldenkrise des Mutterkonzerns weiter gut entwickeln. Der mögliche Börsengang sollte im ersten Halbjahr 2020 erfolgen und Pepco mit bis zu 4 Mrd. EUR. bewerteten. Damit könnte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits würde man Verbindlichkeiten von Pepco aus der Bilanz streichen, andererseits könnte man durch den Verkauf von Anteilen extra Geld generieren, welche zum Schuldenabbau genutzt werden könnten.
Fazit: Durch den Verkauf von Tochterunternehmen, Immobilien und Grundstücken kann Steinhoff seine Schulden weiter abbauen und somit möglicherweise eine Pleite abwenden.
Szenario 2: Steinhoff kann seine Schulden nicht bedienen
Das große Problem an Steinhoff ist neben seinem Schuldenberg, dass fehlende Eigenkapital. Mit einem negativen Eigenkapital bekommt man keinen attraktiven Kredit, besonders dann nicht, wenn man auch noch das Vertrauen verloren hat.
Neues Eigenkapital
Es gibt drei Wege um Eigenkapital zu schaffen:
- Eine Kapitalerhöhung
- Stille Reserven in der Bilanz
- Debt Equity Swap: Schulden werden in Eigenkapital umgewandelt
Weder eine Kapitalerhöhung noch ein Debt Equity Swap (Schuldenbeteiligungsaustausch) ist für den Steinhoff Aktionär vorteilhaft, da beides den Aktienkurs signifikant verwässern würde. Das Thema Stille Reserven ist bei Steinhoff auch mit einem Körnchen Salz zu betrachten, da die Steinhoff Buchhaltung gezeigt hat, dass sie nicht gerade “konservativ” bilanziert.
Der Schuldenberg von Steinhoff
Solange die Zinsen auf dem aktuell hohen Niveau verweilen, wird Steinhoff International Holding nicht überleben. Im ersten Halbjahr 2019 zahlte man 480 Mio. EUR. an Zinsen, was auf das ganze Jahr hochgerechnet ca. einer Mrd. EUR. entspricht. Damit übersteigen alleine die Zinskosten den operativen Gewinn um den Faktor zwei.

Fairer Weise muss man auch sagen, dass der operative Gewinn durch Berater- und Anwaltskosten, welche das entstandene Chaos aufarbeiten, noch immer etwas verfälscht wird. Nichtsdestotrotz stehen die Zinskosten in keiner wirtschaftlich tragbaren Relation zum operativen Gewinn.
Fazit: Steinhoff überlebt nur dann, wenn es seine Schulden refinanzieren kann. Aktuell hat man jedoch nicht das notwendige Eigenkapital um eine attraktive Refinanzierung zu bekommen.
Schlussfazit:
Welche Fraktion von Anlegern mit Steinhoff nun richtig liegt ist noch unklar. Beide Gruppen haben Pro- und Contra Argumente. Aus meiner Sicht der Dinge sind die Kreditgeber der entscheidende Faktor, welche über Erfolg und Misserfolg entscheiden werden:
- Geben sie sich mit niedrigeren Zinszahlungen zufrieden oder bestehen sie weiterhin auf ihren 10%gen Zinssatz?
- Schicken sie das Steinhoff in die Pleite und machen anschließend einen Schuldenbeteiligungsaustausch (Debt Equity Swap)?
- Fordern sie eine Kapitalerhöhung und verwässern somit den Aktienkurs?