Ukrainische Agraraktien sind im aktuellen Umfeld möglicherweise eine attraktive Portfoliobeimischung, da man kaum mit dem Gesamtmarkt korreliert:
Zum einen werden Grundnahrungsmittel (wie Weizen, Mais, Raps, Soja…) nahezu immer benötig (=> nicht besonders zyklisch), zum anderen profitiert man von einer sich verschlechternden Weltwirtschaft. Mehr dazu im Laufe des Artikels.
Bevor wir uns mit den in den Raum geschmissenen Argumenten beschäftigen, eine kurze Einführung in die ukrainische Landwirtschaft.
Ukrainische Landwirtschaft
Die Ukraine gilt seit jeher als Kornkammer Europas. Die soziale und wirtschaftliche Bedeutung des Ackerbaus, floss sogar in die Flaggenwahl ein: Der gelbe Streifen steht für die unzähligen Kornfelder.
In der Weizenproduktion belegt die Ukraine den siebten, in der Maisproduktion den sechsten und im Anbau von Sonnenblumen sogar den ersten Platz. Dieser immensen Menge an Gütern, steht eine Bevölkerung von lediglich etwas mehr als 40 Mio. Menschen gegenüber, mit der logischen Konsequenz, dass der Großteil der produzierten Güter im Export landet. Die Ukraine ist einer der größten, aber auch wettbewerbsfähigsten Agrarexporteure der Welt.
Warum ist die Ukraine so wettbewerbsfähig?
Die ukrainische Landwirtschaft zählt zu den wettbewerbsfähigsten der Welt. Dies lässt sich gleich auf mehrere Gründe zurückzuführen:
- Man hat die fruchtbarsten Böden der Welt (sogenannte Schwarzerde)
- Das Land und die Ackerflächen sind riesig (mehrere Kilometer in eine Richtung sind keine Seltenheit) => man profitiert von Skaleneffekten
- Das Land ist nicht nur groß, sondern auch extrem flach, wodurch Mähdrescher nochmals um bis zu 10% effizienter arbeiten können
- Arbeitskräfte sind reichlich vorhanden und günstig
- Man verfügt über eine gute Infrastruktur mit direktem Seezugang (Schwarzes Meer)
- Der ukrainische Hrywnja hat gegenüber dem USD in den letzten Jahren signifikant an Wert verloren, wodurch ukrainische Agrargüter am Weltmarkt noch wettbewerbsfähiger wurden.
Anm.: Ukrainische Agraraktien sind aufgrund ihrer Größe, dem Zugang zu internationalen Know-how, niedrigen Kapitalkosten (sowohl Eigen- als auch Fremdkapital) und besseren Strukturen die absoluten Kostenführern im ukrainischen Agrarsektor.
Die Krimkrise und dessen Auswirkungen auf den Agrarsektor
Die Krimkrise und dessen wirtschaftliche Folgen haben dazu geführt, dass die ukrainische Währung gegenüber dem USD signifikant an Wert verloren hat. Vor der Krise belief sich der USD=>Wechselkurs noch auf 8,40, heute beläuft er sich dagegen schon auf 27,50.

Im Jahr 2019 hat sich dieser Trend kurzweilig umgedreht und der Hrywnja hat gegenüber dem USD an Wert gewonnen. Seit dem Ausbruch der Krise, hat der Hrywnja wieder an Wert verloren. Sollte die Krise noch länger andauern oder sogar schlimmer werden, ist es leicht möglich, dass der Hrywnja gegenüber dem USD weiter an Wert verliert.

Was auf den ersten Blick wie ein Dilemma (Hrywnja verliert gegenüber dem USD an Wert) aussieht, ist für den ukrainischen Agrar-Sektor und somit auch für ukrainische Agraraktien in Wahrheit ein Segen.
Warum profitieren ukrainische Agraraktien von einer schwachen Währung?
Durch den Wertverlust der heimischen Hrywnja konnten ukrainische Agrarbetriebe ihre Gewinnmarge weiter steigern. Während der Großteil aller Kosten in der heimischen Währung anfällt, wird der Großteil der Erträge in USD erwirtschaftet. Umso schwächer die heimische Hrywnja gegenüber dem USD wird, desto höher die Profitmarge im Export (!)
Anm.: Agrarrohstoffe (Weizen, Mais, Raps, Soja, Zucker…) werden gleich wie andere Rohstoffe in USD gehandelt.
Gegessen wird immer (!)
Ein weiterer Vorteil von Agrarrohstoffen ist, dass sie nahezu immer benötigt werden. Die Nachfrage nach Grundnahrungsmittel wie Mais, Weizen, Soja, Raps und Co. ist relativ konstant und nicht 1:1 an die Entwicklung der Weltwirtschaft gekoppelt. Damit unterscheidet man sich signifikant von herkömmlichen Rohstoffen (z.B. Eisenerz, Kupfer, Kohle…), welche meistens sehr sensibel auf die Entwicklung in der Weltwirtschaft reagieren.
Anm.: Sollte es in den kommenden Monaten und Jahren zu einer steigenden Inflation kommen, dürften Rohstoffe, darunter auch Agrar-Rohstoffe, ebenfalls profitieren. In der letzten großen Inflationswelle (1970-1982) waren Rohstoffe (ganz egal welcher Rohstoff) die mit Abstand beste Anlageklasse.
Alles in allem sind ukrainische Agraraktien eine attraktive Portfoliobeimischung, welche nicht mit dem Gesamtmarkt korrelieren. Sollte sich die Weltwirtschaftslage weiter verschlechtern, stehen die Chancen hoch, dass die ukrainische Hrywnja weiter an Wert verliert, wodurch ukrainische Agrarbetriebe ihre Profitmarge weiter steigern könnten.
Anm.: Niedrige Ölpreise führen ebenfalls zu einer steigenden Gewinnmarge.
In welche ukrainischen Agraraktie kann man investieren?
Verblüffenderweise gibt es nicht nur eine, sonder gleich mehrere ukrainische Agraraktien:
- Astarta Holding
- Kernel Holding
- MHP SE
- IMC SA
Astarta Holding
Astarta Holding ist mit 230 000 Hektar Ackerland eines der 5 größten Agrarunternehmen des Landes. Das Unternehmen baut Weizen, Mais, Raps, Soja und Zuckerrüben an. Während das Getreide größtenteils im Export landet, werden die Zuckerrüben vorwiegend für den heimischen Markt angebaut. Das Unternehmen besitzt auch eigene Zuckermühlen. Im heimischen Zuckermarkt hat man einen Marktanteil von 20-30%.
Astarta Holding ist die einzige ukrainische Agraraktie, die keine Dividende ausschüttet. Ein möglicher Grund dafür, ist der etwas höhere Schuldenstand.
Kernel Holding
Kernel Holding ist der mit Abstand größte Agrar-Betrieb des Landes (=> auch die größte Agraraktie der Ukraine). Das Unternehmen ist vertikal integriert und hat drei Geschäftsbereiche:
- Sonnenblumen und Sonnenblumenöl
- Anbau von Getreide (Mais, Weizen, Raps…)
- Infrastruktur und Handel
Sonnenblumen und Sonnenblumenöl
Im Anbau von Sonnenblumen (=> Sonnenblumenöl) ist man nicht nur der größte der Ukraine, sondern auch der größte der Welt. 2019 baute man 8% der weltweiten Sonnenblumen an. Im Export hat man sogar einen Weltmarktanteil von 15%.
Außerdem betreibt man eigenen Mühlen und Abfüllanlagen, um aus den Sonnenblumenkernen Sonnenblumenöl zu machen.
Anbau von Getreide (Mais, Weizen, Raps…)
Mit mehr als 500 000 Hektar Ackerland ist man der größte Agrarbetrieb des Landes. Die Flächen verteilen sich über die gesamte Ukraine. Man baut vor allem Mais, Sonnenblumen und Getreide an.
Infrastruktur und Handel
Das Unternehmen ist nicht nur der größte Produzent, sondern auch der größte Agrarhändler des Landes. Mit einer eigenen Güterwagenflotte, unzähligen Speichersilos und zwei Export-Terminals im Schwarzen Meer (=> Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz) ist man die klare Nummer eins. An Kernel führt diesbezüglich kein Weg vorbei (!)
Kernel Holding hat ebenfalls etwas höhere Schulden. Die aktuelle Dividendenrendite beläuft sich auf etwas weniger als 3%.
MHP SE
MHP SE ist eine ukrainische Agraraktie, welche den Großteil seines Umsatzes mit der Geflügelzucht generiert. Im abgelaufenen Geschäftsjahr belief sich der Gesamtumsatz auf etwas mehr als 2.000 Mio. USD. Von dieser Summe entfielen 1.400 Mio. USD auf die Geflügelzucht. Mit dem Anbau von Getreide (Mais, Weizen und Raps) generierte man “lediglich” 270 Mio. USD an Umsatz.
Nichtsdestotrotz ist man mit 380 000 Hektar Land einer der größten Agrar-Betriebe des Landes. Die aktuelle Dividendenrendite beläuft sich auf etwas mehr als 5%.
Anm.: Da der Großteil des Umsatzes (und auch Gewinnes) aus der Geflügelzucht stammt, ist MHP SE für den oben geschilderten Investment-Case möglicherweise nicht ideal geeignet.
IMC SA
IMC SA, im deutschen Raum auch als IMC Farmen bekannt, ist nahezu ausschließlich im Anbau von Weizen, Mais und Sonnenblumen tätig. Damit unterscheidet man sich von anderen ukrainischen Agraraktien, welche sehr oft (siehe oben) auch in den anderen Segmenten tätig sind.
Anm.: Da man nahezu ausschließlich Getreide anbaut, ist man für den oben geschilderten Investment-Case ideal geeignet.
IMC bewirtschaftet 123 000 Hektar Ackerland, ist nahezu schuldenfrei und zahlt außerdem eine attraktive Dividende. In den letzten drei Jahren schüttete man mehr als 30 Mio. USD an Dividenden aus. Um dies in Relation zu setzten: Die aktuelle Marktkapitalisierung beläuft sich auf etwas mehr als 90 Mio. USD.
Ein weiter Pluspunkt ist, dass sich die gesamte Ackerfläche im Norden des Landes befindet. Man ist von den Ausschreitungen im Südosten des Landes (Krimkrise) somit nicht betroffen.

Schlussfazit: Ukrainische Agraraktien
Ukrainische Agraraktien sind im aktuellen Umfeld möglicherweise eine attraktive Portfoliobeimischung, da man nicht 1:1 mit dem Gesamtmarkt korreliert. Sollte sich die Weltwirtschaftslage weiter verschlechtern, stehen die Chancen hoch, dass die ukrainische Hrywnja gegenüber dem USD weiter an Wert verliert, wodurch ukrainische Agrarbetriebe (besonders IMC SA) ihre Profitmarge weiter steigern könnten.