Uran Aktien kennen seit dem Atom-Unglück in Japan nur eine Richtung – nach unten (!). 140 Mrd. USD an Börsenwert wurden vernichtet und die natürliche Selektion “Survival of the Fittest” hat seinem Namen alle Ehre gemacht: Von den ehemals Hunderten Uran Aktien gibt es heute nur noch ein paar Dutzend.
Und dennoch lässt das Thema “Uran” die Börse nicht los: Der Grund dafür, ist einer der spektakulärsten Bullenmärkte des 21 Jahrhunderts – wo man innerhalb weniger Jahre seinen Einsatz verhundertfachen konnte.
Von 2001 bis 2007 stieg alleine der Preis für Uran um 1700%. Die Performance von Uran Aktien war noch absurder: Hier konnte man Renditen von 5.000% – 10.000% erzielen.

Wie kam es zum Bullenmarkt in Uran Aktien?
Alles begann mit dem Abrüstungsvertrag 1987. Wo sich die USA und die damalige Sowjetunion dazu verpflichteten, ihre nuklearen Mittelstreckenraketen abzubauen. Damit setzte man dem drohendem Atomkrieg und Wettrüsten ein Ende. Außerdem beeinflusste man den Uran-Markt und legte das Fundament für einen der spektakulärsten Bullenmärkte aller Zeiten.
Der Abbau von nuklearen Mittelstreckenraketen hatte zur Folge, dass das dort verwendete Uran (Raketen + dafür vorgesehenes Inventar) in Form von Secondary Supply in den Markt zurückfloss und den Uran-Preis zum Kollabieren brachte.
Als private Minengesellschaften konnte man bei diesen Preisen nicht länger rentabel wirtschaften. Man musste Explorationsprojekte auf Eis legen und produzierende Minen vorübergehend stilllegen – nur so konnte man in diesem Marktumfeld überleben (!)
Hinweis: Die vorübergehende Stilllegung einer Mine erscheint auf den ersten Blick relativ unproblematisch, dem ist jedoch nicht so: Man kann nicht einfach einen Schalter umlegen und die Mine fährt wieder hoch – dies kann Jahre dauern und haufenweise Geld kosten. Die Reaktivierung von Uran-Minen ist besonders schwierig und langwierig (mehr dazu im laufe des Artikels).
Nach der Jahrtausendwende kam das Unumgängliche, der Secondary Supply war aufgebraucht und die noch aktiven Minen konnten die plötzlich zu tage tretende Angebotslücke nicht decken => der Preis für Uran stieg – und wie er stieg (!)
Kommt es zu einem erneuten Uran-Boom?
Wenn man Angebot und Nachfrage miteinander vergleicht, ist die Frage nicht ob die Preise steigen, sondern lediglich wann sie steigen.
Auf diese in den Raum geworfene Hypothese werden wir am Schluss des Artikels nochmals zurückkommen. Zuvor werden wir jedoch die Angebots- und Nachfrageseite jeweils einzeln beleuchten.
Angebotsseite Uran
Aktuell werden die Preise für Uran und somit auch für Uran-Aktien künstlich niedrig gehalten. Zurückzuführen ist dies, gleich wie in der Vergangenheit, auf einen Überhang an Secondary Supply. Heute stammt der Überhang an Secondary Supply nicht mehr von nuklearen Mittelstreckenraketen und dem dafür vorgesehenen Inventar, sondern von japanischen Kraftwerkbetreibern.
Nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima wurden in Japan alle 54 Reaktoren vorübergehend stillgelegt. Seit damals wurden 24 Reaktoren endgültig vom Netz genommen, 9 Reaktoren sind wieder hochgefahren und die restlichen 21 “sollen” ebenfalls wieder in Betrieb gehen.
Hier hat man jedoch folgendes Problem: Man weiß nicht, wann die 21 Reaktoren (5% der weltweiten Flotte) wieder ans Netz gehen? Ist es heuer, nächstes oder erstes übernächstes Jahr? Umso später der Neustart, desto mehr Uran-Inventar (eine Art des Working Capitals) wird von japanischen Kraftwerkbetreibern liquidiert und fließt in Form von Secondary Supply zurück in den Markt.
Wie wirkten sich die Stilllegungen auf die Nachfrage nach Uran aus?
Der Beschluss, alle japanischen Reaktoren vorübergehend stillzulegen, hatte einen sofortigen Einfluss auf die weltweite Atomstromproduktion(siehe Grafik). Wenn weniger Atomstrom produziert wird, benötigt man auch weniger Uran, was sich entsprechend negativ auf den Uranpreis auswirkte.

Im Jahr 2018 konnte man den durch die Schließungen verursachten Nachfragerückgang das erste Mal vollständig kompensieren. Zurückzuführen ist dies auf die Wiederinbetriebnahme von 9 japanischen Reaktoren und die Inbetriebnahme von neuen Kapazitäten. Der Großteil der neuen Kapazitäten stammt aus aus China und Indien.
Als man den Nachfragerückgang endlich kompensieren konnte und sich erste Lebenszeichen bei Uran-Aktien zeigten, stand auch schon das nächste Problem vor der Tür: Da sich die Wiederinbetriebnahme der restlichen japanischen Reaktoren (21 Stück) drastisch verzögerte, entschieden sich japanische Kraftwerksbetreiber dazu, teils überschüssiges Uran-Inventar (Working Capital) abzubauen. Sollte sich der Neustart weiter verzögern oder möglicherweise sogar komplett auf Eis gelegt werden, kann es sein, dass weiters Uran-Inventar liquidiert wird.
Hinweis: Japan wird und kann nicht sein ganzes Uran-Inventar auf den Markt werfen, da es (a) von strategischer Bedeutung ist und (b) wurde es in einer Zeit erworben, wo der Uranpreis deutlich höher stand als heute. Laut Schätzungen beläuft sich das überschüssige bzw. abbaubare Uran-Inventar Japans auf 35-40 Mio. Pfund. 35-40 Mio. Pfund sind 20% der jährlich konsumierten Menge an Uran.
20% sind in der Welt der Rohstoffe eine verdammt große Zahl…
Fazit: Obwohl man den Nachfragerückgang vollständig kompensieren konnte und wieder in Wachstum überging, stiegen die Preise für Uran nicht. Zurückzuführen ist dies auf den Überhang an Secondary Supply aus Japan. Umso länger sich die Neustarts verzögern, desto mehr Uran-Inventar wird abgebaut (max. 35-40 Mio. Pfund) und fließt in Form von Secondary Supply in den Markt zurück.

Stilllegung von Uran-Minen
Der niedrige Uran-Preis veranlasste Minenbetreiber erneut dazu, Kapazitäten zu schließen und Explorationsprojekte auf Eis zu legen. Die International Energy Agency schätzt die Produktionskosten (Total Cost of Production) für einen Pfund Uran auf 50-60 USD. Der aktuelle Spot Price liegt dagegen bei lediglich 25 USD pro Pfund.
Mit jedem Pfund Uran verliert die Branche 30 USD: Man holt das Uran für 60 USD aus dem Boden und verkauft es für 30 USD an den Kunden => mit jedem Pfund an gefördertem Uran verliert die Branche 30 USD (!)
So funktioniert vielleicht der Sozialismus, aber nicht der Kapitalismus (!)

Die Selbstkorrektur
Kapitalistische Systeme haben die Eigenschaft sich selbst zu korrigieren. Im Rohstoffsektor ist dies besonders stark ausgeprägt:
“Niedrige Preise führen zu hohen Preisen und hohe Preise führen zu niedrigen Preisen”
Wenn die Preise für einen längeren Zeitraum unter den Produktionskosten liegen, werden Minen geschlossen (Angebot verschwindet vom Markt => Rohstoffpreise steigen). Als erster werden die Minen mit den höchsten Produktionskosten geschlossen und als letzter die mit den niedrigsten.
ACHTUNG – eine weitere Besonderheit des Rohstoffsektors ist dessen extreme Kapitalintensität: Man kann nicht einfach einen Schalter umlegen und die ehemals stillgelegte Mine produziert wieder – so funktioniert das nicht! Um eine Mine wieder hochzufahren, benötigt es zig Millionen, dutzende Behördengänge und langwierige Genehmigungsprozesse.
Der Neustart einer stillgelegten Uranmine gestaltet sich als besonders schwierig und ist nicht mit dem Neustart einer herkömmlichen Minen zu vergleichen. Hier wird kein Auge zugedrückt, solange nicht alle Auflagen erfüllt sind, wird die Minen nicht hochgefahren! Dieses hin und her zwischen Management und Behörden kann sich über mehrere Monate oder sogar Jahre ziehen. In der letzten Uran-Hausse dauerte es im Schnitt zwischen 2 bis 4 Jahren um eine ehemals stillgelegte Mine wieder hochzufahren.
Das Aushängeschild des letzten Uran-Bullenmarktes: Paladin Energy
In der letzten Hausse, zählten Uran-Aktien welche ihre Produktion schneller als der Durchschnitt hochfahren konnten zu den Bestperformern. Das Aushängeschild dafür war die Uran Aktie Paladin Energy. Im Jahr 2002 notierte die Aktie noch bei 0,010 AUD, fünf Jahre später und am Höhepunkt des Zyklus notierte die gleiche Aktie bei sagenhaften 8,00 AUD.

Stilllegung von Uran-Minen
Seit 2016 hat die weltweite Uran-Produktion um mehr als 25% (!) abgenommen. Aktuell wird die immer größer werdende Angebotslücke noch von Secondary Supply aus Japan gedeckt – aber auch dieser neigt sich irgendwann dem Ende zu…

Stilllegung von Tier 1 Assets
Unter den stillgelegten Minen befinden sich auch die beiden kanadischen Flagship-Minen McArthur River und Rabbit Lake. Beide gelten als Tier 1 Asset und befinden sich in der Athabasca Basin. Die Athabasca Basin ist für die Uran-Industrie das, was für die Ölindustrie Saudi Arabien ist. Nirgendwo sonst gibt es so einen hohen Urangehalt wie dort.
Beide Minen sind mehrheitlich im Besitz des börsennotierten Unternehmens Cameco. Cameco ist hinter dem kasachstanischen Staatsunternehmen Kazatomprom der weltweit zweitgrößte Uran-Förderer. Bevor McArthur River und Rabit Lake stillgelegt wurden, produzierten sie mehr als 15% des weltweiten Urans.
McArthur River
Die McArthur River wurde im Jahr 1988 entdeckt und ging um die Jahrtausendwende in Produktion. Im Jahr 2016 wurde sie in Care & Maintenance versetzt.
McArthur River gilt als die größte high-grade Uranmine der Welt. Die Proven und Probable Reserves belaufen sich auf 270 Mio. Pfund und das bei einem durchschnittlichen Urangehalt von beinahe 7%. Damit hat man einen 70 mal so hohen Urangehalt wie der Branchendurchschnitt (~0,10%).
Während die Konkurrenz aus einer Tonne Gestein 1 [kg] Uran extrahiert, extrahiert McArthur River 70 [kg].
Rabbit Lake
Rabbit Lake ist eine weitere Flagship-Mine von Cameco, welche ebenfalls seit 2016 in Care & Maintenance verweilt. Sie ist nicht so groß wie McArthur River und hat einen etwas niedrigeren Urangehalt.
Fazit: Die McArthur River und Rabbit Lake Mine sind ein Symbol für die aktuelle Lage: Wenn es sich nicht einmal für erstklassige Minen (Tier 1) lohnt, das Erz aus dem Boden zu holen, wie soll es sich dann für mittlere (Tier 2) und schlechtere Minen (Tier 3) lohnen?
Weitere Schließungen und Produktionskürzungen
- Im Jahr 2019 hat der weltweit größte Förderer von Uran Kazatomprom in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, seine Produktion um weitere 20% zu kürzen. Dies soll so lange beibehalten werden, bis eine Erholung im Markt eintritt. Die 20%te Produktionskürzung entspricht 12.3 Mio. Pfund pro Jahr. 12.3 Mio. Pfund entsprechen 10-13% der jährlich geförderten Uranmenge.
Kazatomprom hat im Vergleich zu anderen Produzenten den Vorteil, dass man Dank des In-situ leach (ISL) Verfahrens die Produktion relativ schnell hoch- und runterfahren (12-18 Monate) kann. Das In-situ leach Verfahren ist mit dem Fracking-Verfahren in der Erdölindustrie vergleichbar.
Hinweis: Kazatomprom ist einer der ganz wenigen Minenbetreiber, welcher im aktuellen Marktumfeld noch rentabel wirtschaftet. Dies liegt an folgenden Gründen:
- Das ISL-Verfahren funktioniert in Kasachstan sehr gut und erlaubt es einem extrem günstig zu produzieren.
- In den letzten Jahren hat man vor allem das leicht zu erreichende Uran gefördert. Wenn die niedrig hängenden Früchte erst einmal aufgebraucht sind, muss man sich den schwerer zu erreichenden Früchten zuwenden, welche höhere Produktionskosten zur Folge haben.
- In den letzten Jahren wurden große Investitionen aufgeschoben. Dadurch konnte man seine Produktionskosten künstlich niedrig halten, jedoch bewegt man sich hier auf einem schmalen Grad: Ohne Investitionen kann man die aktuelle Fördermenge nicht langfristig aufrecht halten, d.h. die aufgeschobenen Investitionen müssen irgendwann nachgeholt werden.
- Kazatomprom war lange Zeit ein Staatsunternehmen: Die aktuell im Betrieb befindlichen Minen wurden mit Subventionen finanziert – dies macht sich in den niedrigen Förderkosten bemerkbar. Aber kommen wir nun wieder zurück zum eigentlichen Thema “weiteren Minenschließungen bzw. Angebotsreduktionen”.
- Die australische Ranger Mine wird im Jahr 2021 ihre Pforten schließen. Damit fallen weitere 6 Mio. Pfund pro Jahr bzw. 5-6% der jährlichen Fördemenge weg.
- Der französische Staatskonzern Orano (ehemals Areva) hat ebenfalls bekanntgegeben, dass man die Cominak Mine (Niger) im Jahr 2021 endgültig schließen wird. Außerdem wird man die Produktion an der Somair Mine reduzieren. Dadurch fallen weitere 3-5% der jährlichen Produktionsmenge weg.
Fazit: Bis 2021 wird sich die weltweite Uranproduktion um weitere 20% reduzieren (Kazatomprom + Ranger + Cominak). Im gleichen Zeitraum geht keine einzige neue Mine in Betrieb, was zu einer weiter aufklaffenden Angebots-/Nachfragelücke führt.
Aktuell wird die bereits bestehende Lücke noch vom Überhang an Secondary Supply gedeckt – es ist jedoch nur mehr eine Frage der Zeit, bis auch dieser aufgebraucht ist.
Nachfrageseite Uran
Nachdem wir uns mit der Angebotsseite beschäftigt haben, werfen wir nun einen Blick auf die Nachfrageseite:
Ob man Atomstrom mag oder nicht, spielt für den Investment-Case keine Rolle. Es geht um Fakten und die Fakten sagen, dass der Nuklearmarkt trotz starken Gegenwindes (Atomunglück in Japan, Atomausstieg Deutschlands …) in den letzten Jahre wieder ein Wachstumsmarkt ist. Aktuell befinden sich 53 Reaktoren (mehr als 10% der weltweiten Flotte) im Bau.
Warum benötigen wir Atomstrom?
Wenn wir die Umwelt retten wollen, müssen wir auf umweltfreundlichere Energiequellen umsteigen, da führt kein Weg vorbei. Atomstrom spielt hierbei eine wichtige Rolle, da es die einzige umweltfreundliche Energiequelle ist, die 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage pro Jahr Strom produziert.
Atomstrom ist eine sogenannte Grundlastkapazität (Baseload Capacity), welche kontinuierlich Strom produziert und dafür sorgt, dass das Netz nicht zusammenbricht.

Sonnen- und Windenergie
Sonnen- und Windenergie sind aktuell noch keine Baseload Capacity, da sie nicht kontinuierlich Strom produzieren können. Daran wird sich auch in den kommenden Jahren nichts ändern:
- Aktuell fehlt es an Speicherkapazitäten um den durch Sonnen- und Windenergie produzierten Strom zu speichern. Ohne ausreichend große Speicherkapazität, kann die Sonnen- und Windenergie nicht 24 Stunden pro Tag ins Netz eingespeist werden, was sie als Grundlastkapazität (Baseload Capacity) ausschließt.
Dies wird sich trotz starken Wachstums an Speicherkapazitäten nur sehr langsam ändern und kann mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Die folgende Grafik prognostiziert das erwartete Wachstum an Speicherkapazitäten. Auch wenn das prognostizierte Wachstum signifikant erscheint, ist es im Vergleich zum weltweiten Energieverbrauch verschwindend gering.

Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie, würde man alleine an der Ostküste der USA 280 GW an Speicherkapazität benötigen um die Region mit 100% Wind- und Solarenergie zu versorgen. An der Ostküste der USA leben jedoch “nur” 118 Mio. Menschen – und dennoch würden Sie mehr als 25% der für 2040 prognostizierten Speicherkapazitäten in Anspruch nehmen. Wie viel Speicherkapazitäten würde man dann für die gesamte USA benötigen? Geschweige davon, wie viel man für China benötigen würde…
- Auch wenn man genügend Speicherkapazitäten zur Verfügung hätte, bleibt folgendes Problem bestehen: Was ist wenn für einen längeren Zeitraum der Wind nicht bläst oder die Sonne nicht scheint? Hat man dann plötzlich keinen Strom mehr?
- Ein weiteres Problem ist der Platzbedarf: Um einen Gigawatt Atomstrom durch Solarenergie zu ersetzen, benötigt man eine Fläche von ca. 60 Quadratkilometern. Würde man den gesamten US-Atomstrom (~100 GW), welcher 20% der amerikanischen Gesamtstroms produziert, durch Solarenergie ersetzen, würde man eine Fläche von 840 000 Fußballfeldern benötigen. Und wir sprechen hier nicht von China oder Indien, sondern lediglich von der USA mit seinen 330 Mio. Einwohnern.
Fazit: Der Anteil an Wind- und Sonnenenergie wird ganz sicher weiter zunehmen, jedoch wird man auch weiterhin Baseload- und Backup Capacity in Form von Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken benötigen.
Aktuelle Lage
Laut der World Nuclear Association befinden sich aktuell 440 Reaktoren in Betrieb, 55 weitere im Bau und mehrere hundert in Planung.
Für unseren Investment Case sind die im Bau befindlichen Reaktoren relevant. Die Reaktoren in Planung sind dagegen kaum von Relevanz, da sich (a) bis zum tatsächlichen Baubeginn noch einiges ändern kann und (b) liegt die Inbetriebnahme so weit in der Zukunft, dass es für den jetzigen Investment Case in Uran Aktien keine Rolle spielt.
Hinweis: Der Bau eines Reaktors gehört zu den kompliziertesten und teuersten Projekten der Welt. Ein durchschnittlicher Reaktor kostet ca. 6.000 Mio USD. Die chinesischen Reaktoren kosten aufgrund ihrer Größe sogar bis zu 11.000 Mio. USD.
Anm.: Die hohen Anfangsinvestitionen, werden durch die lange Lebensdauer von bis zu 80+ Jahren kompensiert.
Das hohe Capex trägt dazu bei, dass der Uranpreis für die Wirtschaftlichkeit eines Reaktors kaum von Relevanz ist (nur 5-6% der Betriebskosten sind Treibstoffkosten). Ob man jetzt 30 Mio. USD oder 60 Mio. USD pro Jahr für Treibstoff (Uran) ausgibt, ist in Relation zum Gesamtinvestitionsvolumen verschwindet gering.
Dies erlaubt es, dass der Uranpreis steigt, ohne die Cash-Flow Rendite eines Atomreaktors signifikant zu beeinflussen – man hat hier nicht das Problem, dass steigende Preise zu einer sinkenden Nachfrage führen. Damit unterscheidet man sich von Gas- und Kohlekraftwerken, wo Treibstoff (Kohle/Gas) bis zu 80% der Gesamtkosten verursachen.
Kommen wir nun wieder auf die im Bau befindlichen Reaktoren zurück: Mehr als 50% aller im Bau befindlichen Reaktoren werden in folgenden vier Ländern errichtet:
- China (12)
- Indien (7)
- Russland und Verbündete (5)
- Vereinigte Arabische Emirate (4)
China und Indien
China und Indien produzieren prozentual betrachtet noch relativ wenig Atomstrom. Dies wird sich in den kommenden Jahre jedoch ändern.
In China ist in den kommenden 5-10 Jahre mit dem größten Wachstum zu rechnen:
Aktuell hat man 45 aktive Reaktoren und 12 weitere im Bau. Von diesen 12 im Bau befindlichen Reaktoren, gehen 6 Reaktoren im Jahr 2020 ans Netz. Dadurch kann man seine Atomstromkapazität auf 60 Gigawatt steigern. Eine Kapazität von 60 Gigawatt (4% des in China produzierten Stroms) erscheint für westliche Verhältnisse viel, ist im Land der Mitte jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Bis 2025 will China seine Nuklearkapazitäten auf bis 120 Gigawatt ausbauen und die USA als größten Atomstrom-Produzenten (~100 GW) ablösen. Ob sich dies zeitlich ausgehen wird, erscheint fragwürdig, man erkennt jedoch die aggressive Energiepolitik Chinas und die setzt ganz klar auf Atomstrom.
14 neue Reaktoren in einem Jahr
Laut der World Nuclear Association gehen im Jahr 2020 14 neue Reaktoren in Betrieb. Die Inbetriebnahme von neuen Reaktoren hat einen großen Einfluss auf die Nachfrage nach Uran. Der Grund ist, dass man bei der Inbetriebnahme eines Reaktors auch ein Uran-Inventar aufbauen muss, welches mindestens 2-3 Jahre (hängt vom jeweiligen Land ab) abdeckt => d.h. ein neuer Reaktor benötigt nicht die herkömmliche Menge an Uran, sondern die zwei- bis dreifache Menge.
Kraftwerkbetreiber benötigen mehr Treibstoff
Wie man an der folgenden Grafik erkennen kann, nimmt die Menge an ungedecktem Uran ab 2020 stark zu.

Ungedecktes Uran ist für Reaktorbetreiber das, was für den Autofahrer der rote Bereich bei der Tankanzeige ist – man kommt noch ein paar Kilometer, versucht jedoch so schnell wie möglich eine Tankstelle zu finden.

Um nicht in den roten Bereich zu kommen, empfiehlt es sich alle zwei Jahre auf der Käuferseite aktiv zu werden und langfristige Lieferverträge (Long-Term Contracts) abzuschließen.
Da man dies in letzter Zeit jedoch vernachlässigte, gibt es jetzt eine große Menge an ungedeckten Uran, welches in den kommenden Jahren gedeckt werden muss.
Dies lässt annehmen, dass ab 2020 mehr Reaktorbetreiber auf der Käuferseite aktiv werden um ihre Uran-Versorgung erneut sicherzustellen. Dadurch würde der Secondary Supply weiter schrumpfen – was zu steigenden Uran und Uran Aktien Preisen führen könnte.
Hinweis: Wenn man als Reaktorbetreiber einen langfristigen Liefervertrag (Long-Term Contract) abschließt und Uran kauft, heißt das nicht, dass man das Uran auch sofort bekommt – dies dauert zwischen 18-24 Monate. Das Uran muss abgebaut, zerkleinert, angereichert und zu Pellets gepresst werden. Im aktuellen Marktumfeld dauert dieser Prozess noch länger, da man aufgrund der niedrigen Preise auch Weiterverarbeitungskapazitäten stilllegte.

Der perfekte Sturm für Uran Aktien?
Die fundamentale Ausgangslage könnte für Uran Aktien kaum besser sein:
- Aufgrund des niedrigen Uranpreises wurden Kapazitäten stillgelegt und Explorationsprojekte auf Eis gelegt. Bis 2021 werden voraussichtlich weitere 20% der weltweiten Produktion heruntergefahren oder stillgelegt.
- Aktuell befinden sich 53 Reaktoren im Bau, wovon 14 Reaktoren im Jahr 2020 anlaufen und ihre Uran-Versorgung (2-3-facher Jahresbedarf) sicherstellen müssen.
- Reaktorbetreiber laufen langsam an Treibstoff aus und müssen erneut auf der Käuferseite aktiv werden.
Fazit: Man hat hier eine aufklaffende Angebots-/Nachfragelücke, welche aktuell noch vom Secondary Supply aus Japan gedeckt wird. Wenn der Secondary Supply erst einmal aufgebraucht ist, wird der Uran-Preis voraussichtlich steigen, da es plötzlich kein Angebot mehr gibt, welches die Angebotslücke schließen kann.
Wie unterscheidet sich die aktuelle Lage von damals?
Wenn man die fundamentalen Ausgangslagen (heute vs 2000/2001) miteinander vergleicht, könnte der kommende Bullenmarkt noch extremer werden als der letzte und den totgeglaubten Uran-Aktien ein neues Leben einhauchen:
- Um die Jahrtausendwende waren 23 Reaktoren im Bau, heute sind es 53 (!)
- Damals befanden sich Minen mit einer erwarteten Kapazität von 20-30 Mio. Pfund im Bau. Heute befindet sich keine einzige Mine im Bau. Erst wenn sich der Uran-Preise den Produktionskosten annähert, wird man darüber nachdenken neue Minen zu errichten oder ehemals stillgelegte Minen wieder hochzufahren.
- Reaktorbetreiber müssen ab 2020 wieder auf der Käuferseite aktiv werden um ihren Tank (Uncovered Requirements) aufzufüllen.
Schlussfazit: Uran-Aktien
Kurzfristig kann der Uran-Preis und somit auch der Kurs von Uran Aktien weiterhin dahindümpeln, was vor allem auf den Secondary Supply aus Japan zurückzuführen ist. Der Secondary Supply hält jedoch nicht ewig: Entweder er wird aufgebraucht, oder die aktuell noch stillstehenden Reaktoren gehen schneller als erwartet wieder ans Netz. Beides würde den Secondary Supply aus dem Markt nehmen und dem Uran-Preis zu Gute kommen.
Wenn der Secondary Supply plötzlich weg ist, reicht das Angebot nicht mehr aus und die Preise dürften steigen. Man wird dann versuchen, so schnell wie möglich, ehemals stillgelegte Kapazitäten erneut hochfahren: Dies kann jedoch 2-3 Jahre dauern.
In dieser 2-3 jährigen Übergangsphase, wo kaum neue Kapazitäten auf den Markt kommen, kann der Preis für Uran signifikant zulegen. Dies wird durch die unelastische Nachfrage der Reaktorbetreiber nochmals intensiviert. Man kann nicht einfach einen Reaktor herunterfahren, nur weil die Preise für Uran gestiegen sind – so funktioniert das nicht!
Eine Studie hat gezeigt, dass bereits eine 3%te Reduktion der amerikanischen Baseload Capacity, was 20 Atomkraftwerken entspricht, zu landesweiten Blackouts führen würde.
Man bewegt sich hier auf einem schmalen Grad, wo man es sich nicht erlauben kann, Atomreaktoren aufgrund zu wenig Uran vom Markt zu nehmen.
Entweder die Preise für Uran steigen und stimulieren die Inbetriebnahme von neuen Kapazitäten (Preis und Produktionskosten nähern sich an), oder es kommt zu landesweiten Stromausfälle. Welche dieser beiden Optionen als realistischer einzustufen ist, muss jeder Investor selbst entscheiden – für mich ist es jedoch glasklar.
“Uranium prices will rise or the lights go out” – Rick Rule
Hier geht es zum zweiten Teil: “Uran-Update: Trendwende oder Fehlalarm” Im zweiten Teil gehen wir auf die durch COVID-19 verursachten Minenschließungen und dessen möglichen Folgen ein.
Peter
16 Apr 2020Der Uranpreis ist in den letzten zwei Wochen nach oben ausgebrochen und hat die 30 USD Marke geknackt