Uran-Update: Trendwende oder Fehlalarm?

Uran-Update: Trendwende oder Fehlalarm?

In den letzten Wochen ging es Schlag auf Schlag (!) Der erste Dominostein fiel am 23 März 2020, Cameco gab in einer Pressemitteilung bekannt, dass man die größte Uranmine der Welt Cigar Lake (12% der Jahresproduktion) vorübergehend stilllegen wird.

Der zweite Dominostein ließ nicht lange auf sich warten – am 27 März 2020 wurde Namibia abgeriegelt. Die beiden Minen Hussab und Rossing mussten ihren Betrieb einstellen – weitere 10% der jährlichen Produktion waren somit vom Netz.

Am 7 April fiel der nächste Dominostein. Das kasachisches Staatsunternehmen Kazatomprom gab in einer Pressemitteilung bekannt, dass man seine Produktion ebenfalls vorübergehend einstellen wird.

Fassen wir noch einmal zusammen: Aktuell stehen beinahe 50% der weltweiten Uranproduktion still und das in einem ohnehin schon unterversorgen Markt (!) Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten und der Uranpreis kletterte um mehr als 30% nach oben.

Preisentwicklung bei Uran
Der Uranpreis ist im letzten Monat um 32% gestiegen (Quelle: https://www.finanzen.net/rohstoffe/uranpreis 20.04.2020)

 

Hinweis: Wenn du mehr zur Angebots-/Nachfragesituation im Uran-Sektor erfahren möchtest, dann empfehle ich dir den im Februar verfassten Artikel “Uran Aktien: Stecker raus oder 100-Bagger?“. Erst wenn man Angebot und Nachfrage versteht, kann man die Tragweite der oben genannten Schließungen richtig einordnen.

Die Frage die sich viele Investoren nun stellen, kann der Preis für Uran noch weiter steigen oder ist die Luft schon raus? Auf diese Frage möchte ich in diesem Artikel eingehen und Gründe nennen warum der Uranpreis möglicherweise noch weiter steigen könnte.

Grund 1: Cameco muss im Spotmarkt aktiv werden

Das kanadische Unternehmen ist eines der wenigen das noch langfristige Lieferverträge mit Atomkraftwerken hat. Um diesen Lieferverträgen nachzukommen muss man das Uran entweder selbst aus dem Boden holen oder über den Sportmarkt zukaufen. Cameco hat sich aufgrund der niedrigen Uranpreise für Option 2 entschieden und zwei seiner drei kanadischen Minen (McArthur River und Rabbit Lake) in “Care and Maintenance” versetzt.

Dies ergibt Sinn, da es sich bei den aktuellen Preisen (unter 40 USD pro Pfund) nicht lohnt, Ressourcen zu verschwenden und eigenes Uran aus dem Boden zu holen – da kauft man lieber im Spotmarkt zu.

Man war somit bereits vor dem Ausbruch von COVID-19 maßgeblich vom Spotmarkt abhängig. Jetzt wo auch noch die letzte Mine (Cigar Lake) stillsteht, muss man auch dieses, bis vor kurzem noch selbst produziertes, Uran im Spotmarkt zukaufen.

Die zu Jahresbeginn prognostizierte Zukaufsmenge von 20-22 Mio. Pfund Uran muss somit nach oben korrigiert werden. Wie hoch die tatsächliche Zukaufsmenge ausfallen wird, hängt davon ab wie lange Cigar Lake stillsteht.

Grund 2: Cameco und Kazatomprom haben es nicht eilig

Das Oligopol (60% Marktanteil) Cameco und Kazatomprom tun seit Jahren alles dafür, dass die Preise für Uran wieder steigen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man bereits vor dem Ausbruch von COVID-19 signifikante Produktionskapazitäten vom Markt genommen. Trotz dieser herbeigeführten Angebotsreduktion ist der Preis für Uran nicht gestiegen.

Jetzt wo weitere Kapazitäten stillstehen, könnte es für Urankäufer und somit auch für den Uranpreis langsam eng werden. Woher soll das benötigte Uran kommen? Wird aus dem ehemaligen Käufermarkt ein Verkäufermarkt?

Um diesem Ziel näher zu kommen, werden es weder Cameco noch Kazatomprom eilig haben ihre Produktion erneut hochzufahren. Beide Unternehmen können es sich finanziell leisten, kurzfristig zu verlieren um langfristig zu gewinnen.

Was in einem normalen Marktumfeld für Aufschrei sorgen würde, kann unter dem Vorwand von COVID-19 ohne weiteres realisiert werden – wie bereits Winston Churchill zu sagen pflegte:

“Never let a good crisis go to waste” – Winston Churchill

Grund 3: Man kann nicht einfach den Schalter umlegen

Die Wiederinbetriebnahme von stillgelegten Uranminen ist nicht mit der Wiederinbetriebnahme von anderen Minen vergleichbar. Uranminen sind deutlich komplexer – die Wiederinbetriebnahme kann mehrere Wochen oder sogar Monate dauern. Es gibt sogar Vermutungen, dass nicht einmal die Uranproduzenten selbst wissen, wie lange es tatsächlich dauert um die Minen wieder hochzufahren. Sollte es hier zu Verzögerung kommen, dann kann dies in einem ohnehin schon unterversorgten Markt der Funke sein, welcher das Pulverfass zum explodieren bringt.

Grund 4: Die Menge an ungedecktem Uran nimmt rapide zu

In den kommenden Jahren laufen die noch bestehenden Lieferverträge aus und die Menge an ungedecktem Uran nimmt rapide zu.

DIe Menge an ungedecktem Uran nimmt ab 2020 stark zu
Ab 2020 nimmt die Menge an ungedecktem Uran stark zu (Quelle: Cameco)

Ungedecktes Uran ist für Reaktorbetreiber das, was für den Autofahrer der rote Bereich bei der Tankanzeige ist – man kommt noch ein paar Kilometer, versucht jedoch so schnell wie möglich eine Tankstelle zu finden.

Die Tankanzeige befindet sich im roten Bereich
Der rote Bereich einer Tankanzeige (Quelle: https://us.123rf.com/450wm/bobrovee/bobrovee1905/bobrovee190500058/124947893-modern-fuel-indicator-with-low-fuel-level.jpg?ver=6)

Um nicht in den roten Bereich zu kommen, muss man erneut im Markt aktiv werden und langfristige Lieferverträge (Long-Term Contracts) sichern. Sollte man dies versäumen, endet dies nicht in einem Stillstand, sondern in deutlich höheren Kosten.

Ein Atomreaktor kann nicht einfach abgeschalten werden, er läuft 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage pro Jahr. Zudem liefert er Grundlastkapazität und ist somit systemrelevant.

Hinweis: Wenn man als Reaktorbetreiber Uran kauft, heißt das nicht, dass man das Uran auch sofort bekommt – dies kann zwischen 18-24 Monate dauern. Das Uran muss abgebaut, zerkleinert, angereichert und zu Pellets gepresst werden. Wenn man z.B. die Versorgung für 2022 sichern möchte, dann muss man bereits im Jahr 2020 Uran kaufen, damit dies auch rechtzeitig fertig wird.

Der Brennstoffkreislauf nimmt zwischen 18-24 Monate in Anspruch
Uranium Fuel Cylcle (Quelle: https://www.e-education.psu.edu/eme444/node/238)

 

Grund 5: Trader treiben den Uranpreis nach oben

Der Uranmarkt ist für Trader ungeeignet, da das Marktvolumen klein ist und die Volatilität hoch. Beides ist für einen Trader, welche schnell in eine Position rein und raus möchte, nicht von Vorteil. Es gibt nichts schlimmeres als in einer Position festzusitzen, welche gegen einen läuft (!)

Trotz dieses Risikos, gibt es wieder Zeitpunkte im Zyklus wo Trader und Hedgefond Manager in den Markt drängen. Im letzten Bullenmarkt war dies z.B. von 2005 bis 2007 der Fall: Hedgefond Manager kauften haufenweise physisches Uran im Spotmarkt, lagerten dies und antizipierten an einen weiterem Preisanstieg.

Sollten Trader und Hedgefond Manager, aufgrund der aktuellen Entwicklung, erneut im Uranmarkt aktiv werden, dann ist mit einem weiteren Kursanstieg zu rechnen.

Grund 6:  Negative Korrelation zwischen mobilem Inventar und Uranpreis

Da es im Uranmarkt kaum Trader gibt, wird der Großteil des Inventars von Reaktorbetreibern und staatlichen Organen gehalten. Wenn der Uranpreis über einen längeren Zeitraum auf einem niedrigen Niveau verweilt oder sogar fällt, dann steigt der Druck überschüssiges Uraninventar zu liquidieren. Der Druck kommt nicht vom Inventar-Manager selbst, sondern von der dahinterliegenden Buchhaltung. Der Gedankengang sieht hier wie folgt aus: Warum sollen wir Working Capital, in Form von physischem Uran, binden, wenn wir es auch jederzeit günstig zukaufen können? Diese Überlegung ergibt so lange Sinn, so lange der Uranpreis nicht steigt.

Wenn der Uranpreis jedoch plötzlich steigt, ändert sich auch der mit dem Uran-Inventar verbundene Gedankengang und man wird am bereits bestehenden Inventar festzuhalten, denn es könnte ja noch weiter steigen (!)

Was bei anderen Rohstoffen von Tradern kompensiert wird, führt im Uranmarkt zu einer negativen Korrelation zwischen Preis und mobilem Inventar.

Uran: Schlussfazit

Fassen wir noch einmal zusammen:

  • 50% der weltweiten Produktion, in einem ohnehin defizitären Markt, stehen still (!)
  • Cameco und Kazatomprom haben es nicht eilig ihre stillstehende Produktion erneut hochzufahren
  • Langfristige Lieferverträge laufen aus und Reaktorbetreiber müssen erneut im Markt aktiv werden
  • Zwischen Uranpreis und mobilem Inventar (Angebot) herrscht eine negative Korrelation

Das Angebot an Uran sinkt und die Nachfrage steigt – was einem Pulverfass gleicht, wo nur noch der Funke fehlt. Sollten die oben genannten Uranminen länger stillstehen als gedacht, Trader in den Markt kommen oder Reaktorbetreiber in Panik verfallen und Hamsterkäufe tätigen, könnte dies der Funke sein, welcher das Pulverfass zum explodieren bringt.

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